#Digital 01.12.2020

Mit Clear-Alignern präprothetisch punkten

Prothetische Versorgungen mit ClearCorrect und Intraoralscanner patientenfreundlich vorbereiten

Längst haben sich Therapien mit transparenten Schienen in der Kieferorthopädie einen festen Platz gesichert, denn immer mehr Menschen in allen Altersgruppen bevorzugen die ästhetische, diskrete Lösung, um Zahnfehlstellungen zu korrigieren. Doch Clear-Aligner sind nicht nur für den kieferorthopädischen Experten ein Gewinn: Sie stellen eine wertvolle Option dar, um prothetische und implantologische Maßnahmen vorzubereiten und erleichtern im Zusammenspiel mit Intraoralscannern Arbeitsabläufe in Praxis und Labor. Am Beispiel des Aligner-Systems ClearCorrect und dem 3Shape Trios Intraoralscanner (beides Straumann Group) veranschaulicht Swantje Matthes, Köln, im Gespräch mit Zahnärztin und Fachjournalistin Dr. Aneta Pecanov-Schröder ihre Erfahrungen, prothetische Versorgungen patientenfreundlich vorzubereiten.

„Von Beginn an war mein Ziel, ästhetische Frontzahnkorrekturen als Vorbehandlung zur Prothetik durchzuführen“, erklärt Zahntechnikerin und Zahnärztin Swantje Matthes und ergänzt: „Ich überführe keine Kreuzbisse und plane keine großen Zahnumstellungen. Da überweise ich zur kieferorthopädischen Fachkollegin oder dem Fachkollegen.“ Das Ärzte-Team der zahnärztlichen inhabergeführten Gemeinschaftspraxis in Köln-Nippes, in der Matthes seit rund sechs Jahren arbeitet, deckt das gesamte Spektrum der Zahnmedizin ab. „Ich sehe mich als ,Allrounderin‘ mit prothetischer Erfahrung.“

Anfang 2019 erkannte Matthes in ClearCorrect eine optimale zusätzliche Therapieoption für ihre „prothetischen“ Patienten. „Denn Patienten profitieren natürlich, wenn ich beispielsweise durch die Auflösung von Engstellungen und Ausformung der Zahnbögen zahnsubstanzschonender präparieren kann und die Keramikschichtdicke der Restauration gleichmäßig und das Gesamtergebnis dadurch ästhetischer ist.“ Darüber hinaus ist es „von Vorteil, dass ich meinen Patienten auch im Falle einer nötigen Nachbehandlung eine fünfjährige Garantie anbieten kann, ohne dass für sie zusätzliche Kosten entstehen.“ Die Unlimited-Option von ClearCorrect deckt sowohl die Aligner- als auch die Retainer-Pauschale über den Zeitraum von fünf Jahren ab.

ClearCorrect-Aligner bestehen aus einem bruchfesten Material (0,76 mm Polyurethan), das über eine hohe Retention verfügt und resistent gegenüber Verfärbungen ist. Da das Material transparent ist, sind sie diskret und nahezu unsichtbar, was besonders Patienten mit hohem ästhetischen Anspruch sehr schätzen. Es gibt keine Einschränkungen der Essgewohnheiten, da sie herausnehmbar sind. Das ermöglicht auch den Ablauf der Zahnpflege in gewohnter Weise. Für den Tragekomfort spricht auch eine glatte, gerade verlaufende Trimline, die sich anders als bei anderen Alignern über den Gingivarand hinaus erstreckt. Durch die damit einhergehend höheren Abzugskräfte reduziert sich in der Regel die Zahl der Attachments [1] Die Zunge gewöhnt sich schnell an die Schiene, so dass das Sprechen für einen selbst und für die Mitmenschen schnell wie immer klingt. Matthes: „Das habe ich auch im Selbstversuch bereits erfolgreich getestet.“ Der Behandlungszeitraum ist vom Umfang der Korrektur sowie der Tragezeit (Täglich 22 Stunden, mindestens jedoch 19 Stunden) abhängig und variiert individuell zwischen vier und 24 Monaten. „Bei meinen prothetischen Patienten plane ich bis zu sechs Monate Vortherapie ein.“ Nach Rücksprache mit dem Behandler werden die Aligner in der Regel alle 14 Tage gewechselt. Schon während der Behandlung ist der Erfolg zu sehen und die Zähne bewegen sich schrittweise in die gewünschte Position. „Inzwischen ist mit DenToGo eine Smartphone-App erhältlich, die eine Remote-Verlaufskontrolle in der Aligner-Therapie quasi aus der Ferne erleichtert“, so Matthes. „Das System erkennt anhand von Fotos, die die Patienten selbst erstellen, wann der nächste Korrekturschritt erfolgen kann.“

Abb. 2: Software ClearPilot zeigt hier die 3D-Planung für den Behandler
(Abbildung: Straumann Group)

Fallbeispiel: patientenfreundlich mit digitaler Abformung

Matthes erster Fall umfasste eine ästhetische Frontzahnkorrektur vor prothetischer Versorgung. Die Zahnmedizinerin führt aus: „Die 62-jährige Patientin wünschte eine Neuversorgung der Oberkieferschneidezähne 12, 11 und 21 und 22 mit keramischen Kronen. Die Zähne waren nach einem rund 1,5 Jahre zurückliegenden Frontzahntrauma nach Fahrradunfall alio loco endodontisch versorgt und mit Kunststoff aufgebaut, der teilweise bereits abgesplittert war.

Sowohl im Oberkiefer als auch im Unterkiefer ergab der klinische Befund einen Zahnengstand mit nach vestibulär versetztem Zahn 21 und moderat verschachtelter Unterkiefer-Front. Die prothetische Ausgangssituation war suboptimal. Um ein möglichst optimales ästhetisches Ergebnis zu erzielen, und da die Patientin ästhetisch anspruchsvoll ist, empfahl ich eine kieferorthopädische präprothetische Therapie mit Clear-Alignern, um genügend Platz für die Präparation respektive zur Aufnahme der Krone zu schaffen. Die Patientin war mit der kieferorthopädischen Maßnahme vor der prothetischen Restauration, für die etwa sechs Monate einkalkuliert war, einverstanden, und im August 2019 erfolgten Röntgen- und Foto-Aufnahmen (anterior sowie im Profil und vom Ober- und Unterkiefer in der Aufsicht). Außerdem wurden mittels Intraoralscanner 3Shape Trios Situationsscans des Ober- und Unterkiefers erstellt.“

Grundsätzlich kann zur Herstellung der Aligner der konventionelle Weg über Oberkiefer- und Unterkiefer-Abformungen gewählt werden; ClearCorrect bietet jedoch die Möglichkeit des digitalen Arbeitsablaufs an, der „sowohl anwender- als auch patientenfreundlich ist“, so Matthes. „Die moderne Alternative zur konventionellen Abformung ist für den Patienten deutlich komfortabler, denn Würgereiz und Geschmacksirritationen entfallen und sie verkürzt Behandlungszeiten, da präzise und zügig abgeformt werden kann.“ Im Hinblick auf prothetische Versorgungen, ergänzt Matthes, die inzwischen in fast allen ihrer prothetischen Patientenfälle auf die digitale Abformung setzt („Nur bei herausnehmbarem Zahnersatz gehe ich konventionell vor“), „verbessert sie die Kommunikation zwischen Patienten, Zahnarzt und Zahntechniker.“ An dieser Stelle betont sie, dass „man ein vernünftiges Labor benötigt, das sich mit Digitalem auskennt. Die Entfernung sei kein Hindernis. Unser Dentallabor „Echt Eppers“ ist im mehr als 300 Kilometer entfernten Hildesheim ansässig – das klappt dennoch hervorragend und vermeidet zudem Infektionsketten; ein in Corona-Zeiten kein unbedeutender Vorteil.“

Auch wenn es bei der Anfertigung der Aligner nicht um die Darstellung von Präparationsgrenzen geht: „Auch hier, also bei einfachen Situationsscans, bei denen die Zahnsituation erfasst wird, sollte man unbedingt auf die Sauberkeit der Spiegel und Linsen achten“, erwähnt die seit 2017 erfahrene Trios-Anwenderin einen wichtigen Tipp aus der Praxis. „Spiegel, die durch die häufige Sterilisation blind geworden sind, sind schlicht unbrauchbar.“ Die Foto- sowie Scan-Daten werden anschließend als stl-Datei über das 3Shape-Portal hochgeladen. Dort kann die hochmoderne Produktionsstätte der ClearCorrect-Aligner in Texas*, USA, die Scans abrufen. „Dann gebe ich am Computer Informationen zu den gewünschten Behandlungsweisen an, u.a. ob eine approximale Schmelzreduktion geplant ist oder so genannte Engager, das sind Attachments bzw. Hilfsmittel für spezielle Zahnbewegungen, zugelassen werden“, erklärt Matthes.

Daraufhin werden die Daten ausgewertet und eine Behandlungssimulation erstellt. „Die habe ich mir zusammen mit der Patientin angeschaut, und sie konnte die Phasen am Monitor verfolgen und sehen, was in den nächsten sechs Monaten an Zahnbewegung geplant ist.“ Diese Vorschau kann auch als Link direkt an den Patienten weitergeleitet werden. Anschließend werden auf der Grundlage des Behandlungsplans die patientenindividuellen ClearCorrect-Aligner gefertigt. Matthes: „Für die Patientin sah der Behandlungsplan acht Aligner für den Oberkiefer und für den Unterkiefer vor. In Woche 4 kamen sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer fünf Attachments bzw. Engager als Hilfsmittel hinzu.“ Es erfolgten Kontrollen alle vier bis sechs Wochen. Nach rund sechs Monaten war die Behandlung abgeschlossen. „Das letzte Schienenpaar hat die Patientin bereits als Retentionsschienen (Retainer) für die Nacht getragen.“ Da die Unterkieferfrontzähne einen leichten Lockerungsgrad I aufwiesen, wurde zunächst abgewartet. Nach wenigen Wochen nach Abschluss der kieferorthopädischen Vortherapie hatte sich die Unterkieferfront wieder gefestigt, so dass die Präparation der Oberkiefer-Zähne terminiert werden konnte.

Abb.3: 3D-Simulation für den Patienten
Oberkiefer bzw. Unterkiefer in der Aufsicht. Vor Behandlungsstart und Herstellung der Aligner sendet ClearCorrect einen Behandlungsplan (3D-Simulation), der jeden Schritt der Aligner-Behandlung erfasst und ein zielgerechtes Arzt-Patient-Aufklärungsgespräch ermöglicht. Hier geht der ClearCorrect-Behandlungsplan von acht Aligner-Schienen (14-tägige Trageweise) aus. Die Computer-Vorschau links zeigt die Ausgangssituation. Für Kontrollwoche 4 wird das Aufbringen von so genannten Engagern (Attachments) empfohlen (grüne Markierungen vestibulär an den Zähnen). 

*Seit Januar 2021 werden die Aligner in Deutschland am Produktionsstandort Markkleeberg bei Leipzig produziert.

Fazit für die Praxis

Die Aligner-Therapie mit ClearCorrect ist für Allgemeinzahnärzte eine sinnvolle Ergänzung in der Praxis, um beispielsweise vor der prothetischen Versorgung sehr patientenorientiert kleinere Zahnfehlstellungen zu korrigieren oder eine bestehende Lücke zu öffnen. „Der Einstieg ist einfach, so dass dieser Ansatz für jede Kollegin und jeden Kollege mit Interesse geeignet ist“, fasst Matthes ihre Erfahrung mit ClearCorrect zusammen. Online-Kurse mit versierten Aligner-Anwendern können den Einstieg zusätzlich erleichtern, denn die Referenten aus der Praxis vermitteln sowohl kieferorthopädisches Basiswissen als auch ihre Erfahrungen mit ClearCorrect [2,3]. Die Option des digitalen Arbeitsablaufs mit digitaler Abformung (Intraoralscan), Datentransfer und des Remote-Monitoring ist ein Gewinn für Zahnarzt und Patient und unterstützt ein zeitgemäßes Behandlungskonzept. „Insgesamt wird mit diesem Vorgehen die Grundlage für ein minimal-invasives prothetisches Vorgehen gelegt“, fasst Matthes zusammen, „das zudem ein gelungenes ästhetisches Gesamtergebnis ermöglicht.“

On demand-Fortbildungen und Webinare siehe www.clear-correct.de/education