Welche Maßnahmen haben Sie als lokale Organisation ergriffen, um Ihre Mitarbeitenden und Kunden für nachhaltige Praktiken zu sensibilisieren? Können Sie konkrete Beispiele nennen?
Andreas Utz: Im Februar 2022 wurde in Freiburg die Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit gegründet, die sich vor allem auf lokal schnell umsetzbare Initiativen, Anregungen und Ideen der Mitarbeitenden konzentriert. Beispielsweise nutzen wir ausschließlich wiederverwendbares Geschirr in unserer Cafeteria und bieten dort regionale Produkte an. Wo immer möglich verzichten wir auf Printmaterialien und verwenden bei nicht vermeidbaren Druckdokumenten Co2 neutral produziertes Papier. 2023 haben wir unseren Produktekatalog auf eine digitale Ausgabe umgestellt und investieren kontinuierlich in die Optimierung unseres E-Shops, um unseren Kunden und Kundinnen ein schnelles, erfolgreiches Einkaufserlebnis zu gewähren inklusive praxisbezogener Informationen zu Produkten und deren Handhabung.
Für einen emissionsarmen Weg zur Arbeit beteiligt sich Straumann für seine Beschäftigten z.B. am Konzept von JobRad und übernimmt zusätzlich die Kosten des öffentlichen Nahverkehrs. Wegen der mittlerweile vielen Radfahrenden erhöhten wir im Jahr 2023 die Anzahl der Fahrradständer im Fahrradraum. Außerdem verfügen wir seit diesem Jahr über eine Fahrrad Luftpumpstation und E-Bike-Ladestation. Nach einem erfolgreichen Start 2023 führen wir auch im Jahr 2024 wieder gemeinsam mit dem Partner „Radbonus“[1] eine unternehmensinterne Radfahr-Aktion zur gezielten Förderung der nachhaltigen Mobilität durch. Neben den zahlreichen positiven gesundheitlichen Aspekten sehen die Teilnehmenden, wie viele KG CO2 sie durchs Radeln eingespart haben; das motiviert sehr. Wir haben die Elektrifizierung unseres Fuhrparks gestartet und wollen perspektivisch komplett auf Elektromobilität umsteigen. Aktuell sehen wir die Herausforderung für unsere Salesmanager bei unterschiedlich großen Vertriebsgebieten und auch bei der noch nicht überall verfügbaren Infrastruktur für E-Fahrzeuge im ländlichen Raum und im Stadtgebiet. Am Standort Freiburg wurden mittlerweile sechs weitere Ladestationen für Dienstfahrzeuge und Mitarbeiterfahrzeuge in der Firmen-Tiefgarage installiert. Das Gebäude wird zu 100% mit Ökostrom versorgt.
Darüber hinaus wurde die Geschäftsreisepolitik angepasst; Flüge innerhalb Deutschlands werden durch Bahnfahrten ersetzt.
Um zum Schutz der Bienen beizutragen und die Biodiversität zu erhalten, haben wir 2022 Bienenvölker auf dem Dach des Freiburger Firmengebäudes[2] angesiedelt. Der Standort wurde 2023 nochmals optimiert und die aktuelle Anzahl der vier Völker werden wir bei gutem Verlauf auf sechs erhöhen. Unsere Mitarbeitenden durften sich schon an Honig aus „dem eigenen Haus“ erfreuen.
Welche Ziele hat sich das Unternehmen Straumann global gesetzt und wurden davon schon welche erreicht?
Andreas Utz: Bei uns steht Nachhaltigkeit im Mittelpunkt aller Geschäftsbereiche. Unser besonderes Augenmerk liegt auf der effizienten und schonenden Nutzung von Ressourcen, verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln sowie der Identifizierung und Bindung herausragender Talente. Ein Hauptziel besteht darin, bis 2030 jährlich 10 Millionen Menschen ein Lächeln zu schenken. Bereits im Jahr 2023 haben wir 5,6 Millionen „Lächeln“ erreicht, im Vorjahr lagen wir bei 4,4 Millionen. Des weiteren streben wir an, 35% unserer Weiterbildungsaktivitäten in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen anzubieten, wovon bereits 28% umgesetzt sind. Der Fokus richtet sich jedoch nicht nur nach außen. Wir haben uns auch mit Initiativen zur Stärkung der Unternehmenskultur, Diversität und Inklusion befasst und die Flexibilität am Arbeitsplatz erweitert. Damit wollen wir Führungsqualitäten sowie ein verstärktes Engagement fördern und unseren Mitarbeitenden mehr Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Bis 2026 streben wir an, dass mindestens 80% unserer Mitarbeitenden in unserer jährlichen Mitarbeiterbefragung angeben, gute Möglichkeiten zur persönlichen Weiterentwicklung bei Straumann zu haben. Bereits heute werden 60% der Führungspositionen intern besetzt.
In Bezug auf die Frage nach den Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten erzielten wir in der aktuellen Umfrage eine Bewertung von 77 Punkten, beachtliche 91% der Mitarbeitenden nahmen daran teil. Unser kontinuierlicher Fokus auf Führung und Kultur führte im Jahr 2022 zu einer gruppenweiten Bewertung des Mitarbeiterengagements von 81 Punkten (plus 1 Punkt gegenüber 2021). Damit liegt die Straumann Group zwei Punkte über einer globalen Benchmark und gehört zu den besten 25 % der Unternehmen weltweit. Deutschland liegt in unserer aktuellen Umfrage sogar bei 86 Punkten. All diese Themen helfen uns, hervorragende Talente weltweit zu gewinnen und zu binden.
Um den Erwartungen unserer Mitarbeitenden, Kunden und Aktionäre gerecht zu werden, haben wir uns weitere ehrgeizige Ziele gesetzt. So streben wir beispielsweise bis 2026 an, dass 50% unserer Führungspositionen von Frauen besetzt sind. Aktuell beträgt der Frauenanteil in Führungspositionen 40%, was bereits ein solides Niveau darstellt.
Zur Reduzierung unseres CO2-Fußabdrucks und zur Unterstützung des Übergangs zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft streben wir zum einen bis 2040 an, in unserer gesamten Wertschöpfungskette keine Treibhausgasemissionen mehr zu verursachen. Zum anderen möchten wir als Straumann Group 100% unseres Stroms aus erneuerbaren Energien bis 2024 erzeugen, wobei wir derzeit bereits einen Anteil von 93% erreicht haben.
Gibt es auch auf globaler Ebene Maßnahmen, die Sie konkret benennen können?
Andreas Utz: Im Nachhaltigkeitskontext ist Verpackung ein bedeutender Faktor und ein viel diskutiertes Thema, das unsere Kunden oft ansprechen. Es gibt noch keine perfekte oder einheitliche Lösung dafür. Die Vorschriften des MDR, Hygienestandards und andere Zulassungsanforderungen stellen eine Herausforderung dar und stehen manchmal im Widerspruch zu logischen Überlegungen und gesundem Menschenverstand. Das Thema treibt uns weiterhin um und an. Beim Projekt „Learn in a Box“ konnten wir eine nachhaltige Verpackungslösung entwickeln. Dieser Verpackungskarton enthält bis zu 25% Grasfasern. Der Energieverbrauch bei der Herstellung wird im Vergleich zu herkömmlichen Methoden um 97% reduziert, und der Prozess erfordert sehr wenig Wasser und keine Chemikalien. Nach diesem erfolgreichen Pilotprojekt werden wir nach neuen weiteren Möglichkeiten zur Nutzung des innovativen Materials forschen.
Die Straumann Group engagiert sich in gemeinnützigen Aktivitäten wie der Förderung des Zugangs zur Zahnmedizin und humanitären Hilfe. Ein Beispiel ist unsere schnelle Unterstützung nach den Erdbeben in der Türkei und Syrien Anfang 2023. Zusätzlich gründete der Verwaltungsrat 2023 eine Stiftung zur Koordination unserer gemeinnützigen Arbeit.