Das kann durch einen kombinierten chirurgischen Therapieansatz erzielt werden, wie das nachfolgende Fallbeispiel aus der Fachpraxis für Oralchirurgie Dr. Robert Würdinger in Marburg veranschaulicht: Dabei erfolgt nach modifizierter allogener Schalentechnik und verzögerter Implantation ein augmentatives Relining (GBR mit einem xenogenen Knochenersatzmaterial), das Resorptionsprozesse deutlich senkt3. Dieses Verfahren ermöglicht es zudem, eine zusätzliche Knochenentnahme zu vermeiden, es reduziert Komplikationen und Komorbiditäten und gewährleistet einen patientenfreundlichen Ansatz4.
Die sogenannte Schalentechnik nach Professor Dr. Fouad Khoury5 wurde ursprünglich als Alternative zur konventionellen Knochenblocktransplantation entwickelt. Das Verfahren vereint autologe Knochentransplantation mit gesteuerter Knochenregeneration3,6,7. Mit diesem ersten Schritt der Therapie lassen sich die erforderlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Implantation schaffen.
Allogenes KEM für einen atraumatischen Einsatz
Allogene Knochenmaterialien bieten die Möglichkeit, leichte bis komplexe Patientenfälle atraumatischer anzugehen. Wie im Fall der Alloschalentechnik lässt sich mit allogenen Kortikalisplatten die neue Kontur des Alveolarfortsatzes wieder herstellen. Dabei entsteht ein geschützter Hohlraum, der mit Knochenspänen aufgefüllt wird. So kann der Bereich vor dem Einbringen der Implantate gezielt regenerieren. Auch wenn in diesem Arbeitsbereich der autologe Knochen immer noch als Mittel der Wahl gilt, lässt sich hierfür auch allogener Knochen erfolgreich verwenden.
Die Anwendung der Schalentechnik mit rein allogenem Knochenersatzmaterial (kortikale Platte und spongiöses Granulat) ist der klassischen autologen Methode ebenbürtig8,9,10, wie wissenschaftliche Untersuchungen zeigen. So eröffnet der Einsatz allogener Kortikalisplatten erfahrenen Chirurgen die Möglichkeit, möglichst minimalinvasiv und insgesamt patientenfreundlicher an einen komplexen Fall heranzutreten.
Augmentatives Relining als Schutzwall
Bei komplexen Fällen bietet es sich an, die Schalentechnik – sowohl mit autologem Knochen als auch mit allogenen Knochenplatten – um ein zusätzliches Verfahren, das augmentative Relining (auch Delayed Relining Technique), zu erweitern3,11. Dabei wird eine zusätzliche GBR mit xenogenem Knochenersatzmaterial und Kollagenmembran durchgeführt. Bei diesem „augmentativen Relining“ kann ein Zugewinn an vollständig inkorporiertem Material erreicht werden, ohne dass es zu einer weiteren Resorption des Knochens bis zur Eingliederung des Zahnersatzes kommt. So gelingt es, bereits stattgefundene Resorptionsprozesse auszugleichen oder nachfolgende Resorptionserscheinungen deutlich zu senken.
Der vorliegende Patientenfall einer Rehabilitation einer Freiendsituation im Oberkiefer mit horizontalem und vertikalem Knochendefizit veranschaulicht, wie sich die erweiterte Alloschalentechnik erfolgreich mit dem Verfahren des augmentativen Relinings kombinieren lässt. Mit diesem Vorgehen entsteht eine optimale Situation für die anschließende prothetische Versorgung mit Implantaten mit adäquatem Kronen-Implantat-Verhältnis und vertikaler Dimension.
Fallbeispiel
Anamnese und Befund: Bei einem 62-jährigen männlichen Patienten ohne anamnestische Auffälligkeiten erfolgte die operative Entfernung der nicht erhaltungswürdigen parodontal geschädigten Zähne 26 und 27. Die knöcherne Situation der Freiendsituation wurde nach achtwöchiger Abheilzeit auf der Grundlage der klinischen Untersuchung sowie einer 3D-DVT-Röntgenaufnahme reevaluiert.
Es zeigte sich ein ausgeprägtes horizontales und vertikales Knochendefizit im Alveolarfortsatzbereich und zusätzlich ein knöchernes Defizit in Richtung Sinus maxillaris. Die knöcherne Ausgangssituation ließ ohne augmentative Maßnahmen lediglich eine Versorgung mithilfe herausnehmbarer Prothetik (z.B. Modellgussprothese) zu. Ebenso war ohne Knochenaugmentation keine implantatprothetische festsitzende Rehabilitation mit Implantaten in korrekter prothetischer Lage und mit adäquatem Kronen-Implantat-Verhältnis möglich. (Abb. 1-4)