Allogener Knochen nimmt in der Praxis einen immer höheren Stellenwert ein

Augmentationen: Eine sichere und sterile Prozesskette von der Gewebespende bis zum Patienten

Längst gehört die Verwendung von autologen Knochen zur Augmentation nicht zur Empfehlung „Nummer eins“. Welches Knochenersatzmaterial am besten geeignet ist, hängt von der Indikation und den individuellen Wünschen von Patient und Chirurg ab. Aktuell sind allogene Transplantate ins Zentrum der Diskussion gerückt: Was überzeugt Anwender an natürlichen, allogenen Knochenersatzmaterialien? Sind die in Deutschland strikt reglementierten und kontrollierten Materialien wirklich sicher, um sie in der oralchirurgischen und implantologischen Routine einzusetzen? Eine Orientierungshilfe bieten Prof. Dr. Dr. Ralf Smeets, Geschäftsführender Oberarzt und Leiter der Forschung in der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, sowie der in München niedergelassene Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Dr. Dr. Dr. Oliver Blume, MSc, im Gespräch mit Fachjournalistin und Zahnärztin Dr. Aneta Pecanov-Schröder.

Erstveröffentlichung dzw Orale Implantologie, Ausg. 1/17 vom 22.02.2017, mit Genehmigung des Zahnärztlichen Fach-Verlags GmbH, Herne

Autorin: Dr. med. dent. Aneta Pecanov-Schröder

Dr. med. dent. Aneta Pecanov-Schröder

Geboren 1970, Studium der Zahnmedizin von 1989 bis 1994 an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen, 1994 Staatsexamen und Erteilung der Approbation. 1996 Promotion (Prof. Dr. Dr. Hubertus Spiekermann). 1995 bis 1997 Ausbildungsassistentin in freier Gemeinschaftspraxis bei Bonn. 1997 bis 2000 Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde (Prof. Dr. Heiner Weber) der Eberhard Karls Universität Tübingen; Referententätigkeit und Publikationen zum Thema „Neue Medien“. 2000 bis 2001 Ausbildung zur Medizinredakteurin für Print- und Online-Medien (Biermann-Verlag, Köln). 2002 bis 2010 Redakteurin, dann Chefredakteurin beim Deutschen Ärzte-Verlag, Köln, verantwortlich für die Fachzeitschrift „DENTAL MAGAZIN“.

Autor: Ralf Smeets

Prof. Ralf Smeets 
Dr. med. Dr. med. dent.

Geschäftsführender Oberarzt und Leiter der Forschung, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Kopf- und Neurozentrum der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Hamburg, Deutschland. Studium der Chemie (Schwerpunktfach im Hauptstudium: Makromolekulare Chemie) und der Human- und Zahnmedizin an der RWTH Aachen. Facharzt für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie. Facharzt für Oralchirurgie. Hans-von-Seemen-Preis der Deutschen Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie e.V. Seit 2011 geschäftsführender Oberarzt und Leiter der Forschung in der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. 2011 W2-Universitätsprofessur für MKG-Chirurgie und Oralchirurgie in der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg.

Autor: Oliver Blume

Dr. Dr. Oliver Blume, MSc

2016 Partnerschaftsgesellschaft „Dr. Back & Dr. Blume“
2016 Einvernehmlich einbestellter Gutachter auf Bundesebene
2012 Master of Science, Implantologie
2010 Partnerschaftsgesellschaft „Dres. Müller-Hotop, Back & Blume“
2009 Partnerschaftsgesellschaft „Dres. Müller-Hotop & Blume“
2001 bis 2008 Niederlassung in der Partnerschaftsgesellschaft „Dres. Müller-Hotop/Jenssen/Blume, Ärzte und Zahnärzte“
1999 Anerkennung der Zusatzbezeichnung „Plastische Operationen“
1998 bis 2001 Leitender Oberarzt der Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der St.-Lukas Klinik, Solingen
1996 Anerkennung als „Arzt für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie“
1991 bis 1998 Weiterbildungsassistent und Facharzt in der Abteilung Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg
1994 Zahnarzt für Oralchirurgie
1986 bis 1991 Studium der Zahnmedizin und Approbation an der Semmelweis-Universität, Budapest
1984 bis 1990 Studium der Humanmedizin und Approbation an der Semmelweis-Universität, Budapest

„Für mich gibt es nur einen Goldstandard: Das ist der, bei jedem Patienten individuell neu darüber nachzudenken, welches Knochenersatzmaterial und welche Behandlungsmethode die geeigneten sind“, fasst Dr. Dr. Dr. Oliver Blume (Partnerschaftsgesellschaft „Dres. Dr. Back & Dr. Blume“, München) seine rund 25-jährige klinische Erfahrung mit Knochenersatzmaterialien (KEM) zusammen. In der Regel werden die unterschiedlichen Arten von KEM nach Herkunft unterschieden in:

  • autolog (Spender und Empfänger entsprechen der gleichen Person),
  • allogen (Spender und Empfänger gehören der gleichen Spezies an),
  • xenogen (Spender und Empfänger gehören nicht der gleichen Spezies an; das KEM ist tierischen oder pflanzlichen Ursprungs) und
  • alloplastisch (synthetisch hergestelltes KEM, zum Beispiel Beta-Trikalziumphosphat und Hydroxylapatit).

 

Blume: „Alle Materialien haben ihre Vor- und Nachteile“, und die in seiner Praxis seit rund zehn Jahren eingesetzten allogenen Materialien haben mittlerweile einen „sehr hohen Stellenwert eingenommen“, erklärt Blume, „unter anderem, weil unsere Patienten relativ oft ein Produkt tierischer Herkunft ablehnen.“ Der erfahrene MKG-Chirurg betont, dass Allografts „für die Patienten mit weniger Nachteilen verbunden sind als die Verwendung autologen Materials, und es kommt ausgesprochen selten zu Komplikationen“.

Ein Überblick verdeutlicht die Vorteile von allogenen Transplantaten im Vergleich zu autologen:

  • Es entfällt der Entnahme-Eingriff („Entnahmen an separaten Stellen lehnen Patienten immer häufiger ab“, so Blume), darüber hinaus
  • entfallen die mit der Transplantatentnahme einhergehende Morbidität und das Schmerzpotenzial und
  • die Operationszeit ist verkürzt.
  • Es kommt zu keiner unkontrollierten Resorption und damit einhergehendem Verlust des Augmentatvolumens.
  • Ebenso entfallen in der Regel Komplikationen wie Wundheilungsstörungen, Narbenbildung und Dehiszenzen.
  • Darüber hinaus sind allogene Materialien im Gegensatz zu autologen quasi unlimitiert verfügbar.

 

„Benutze ich partikuläres Material, setze ich bevorzugt gleiche Anteile allogenen und xenogenen Materials ein“, so Blume. „Sprechen wir über Knochenblöcke, liegt die Priorität eindeutig bei allogenen Materialien, die wir als CAD/CAM-gefertigte Knochenblöcke einplanen.“ Im Gespräch mit beiden Chirurgen wird klar: Besonders spricht für den Einsatz von allogenen Materialien die „höhere knochenbildende Potenz“ (Blume), die darauf zurückzuführen ist, dass „sie dem autologen Knochen hinsichtlich Anforderungs- und Funktionsprofil am ähnlichsten sind und primär osteokonduktive Eigenschaften ausweisen“, erklärt Prof. Smeets und ergänzt: „Sie haben die ideale Matrix, Porenstruktur und Oberfläche – das sind sehr gute Voraussetzungen für die Leitschienenfunktion zur Knochenneubildung. Dann zeigen sie ideales, kontrolliertes Resorptionsverhalten und ideale Volumenstabilität.“ [7,8,15] Der Experte forscht dazu seit rund neun Jahren und setzt seit sechs Jahren allogene Materialien in der Klinik ein.

Nicht zuletzt durch die diskutierten möglichen Risiken einer Infektionsübertragung durch den Einsatz von allogenen Materialien [4,13], „muss unbedingt zwischen den verschiedenen Aufbereitungsformen des Ursprungsmaterials unterschieden werden“, betont Prof. Smeets, sonst „werden Äpfel mit Birnen verglichen“. Er führt aus: „In Deutschland sind für den dentalen Bereich ausschließlich azelluläre sterilisierte Knochenpräparate zugelassen, die aus einer von fünf Gewebebanken – DIZG (Deutsches Institut für Zell- und Gewebeersatz gGmbH), CHB (Charité – Universitätsmedizin Berlin), TBF (TBF Génie Tissulaire, F-69780 Moins), Tutogen (Tutogen Medical GmbH) und C+TBA (Cells + Tissue Bank Austria gGmbH) – bereitgestellt werden und als Arzneimittel zugelassen sind.“ (Mehr dazu unter www.pei.de/DE/arzneimittel/gewebezubereitungen/knochenpraeparationen/knochenpraeparationen-node.html)

Diese Produkte dürfen auch nur von Distributoren mit einer Großhandelserlaubnis für Arzneimittel vertrieben werden. „Allen in Deutschland zugelassenen Präparaten gemeinsam ist eine Dezellularisierung auf chemischem Wege“, erklärt der Fachmann, der vor seinem Studium der Human- und Zahnmedizin von 1990 bis 1995 Chemie (Schwerpunkt: makromolekulare Chemie) studierte. „Mir ist keine verifizierte Kontamination über ein allogenes chemisch prozessiertes Knochentransplantat aus den vergangenen 20 Jahren bekannt“, so Blume. Smeets weist darauf hin, dass „wie auch bei Medizinprodukten ein ‚theoretisches Restrisiko‘ besteht, über das ein Arzt und Zahnarzt seine Patienten immer aufzuklären hat“. Er betont: „Doch gibt es weltweit keine dokumentierten Übertragungen durch chemisch prozessierten sterilisierten Knochen seit Einführung der Nukleinsäuretestung im Mai 2004, die inzwischen global verbreitet ist.“

Mit dieser Methode können Infektionen erkannt werden, noch bevor Antikörper im Blut nachweisbar sind (Smeets: „Ein Meilenstein!“) [16]. Zur Orientierung: Das Risiko einer HIV-Übertragung durch Bluttransfusionen wird in Deutschland auf der Grundlage der berichteten Übertragungsfälle auf weniger als 1:5.000.000 geschätzt [1]. Durch die NAT-Testung ist eine weitere Verminderung auf ein Restrisiko von weniger als 1:11.000.000 zu erwarten. Dieses Risiko dürfte laut Pruß [10, 11] mit dem für Gewebespender weitestgehend vergleichbar sein [8]. In seiner Habilitationsschrift trägt Prof. Dr. Axel Pruß zusammen, dass „das derzeitige Risiko, in Deutschland durch eine Transfusion mit dem Humanen Hepatitis-B-Virus (HBV) infiziert zu werden, auf der Grundlage der berichteten Übertragungsfälle zwischen 1:100.000 und 1:1.000.000 liegt.“ Die Übertragung von Prionen durch allogene Dura-mater-Transplantate sei bekannt, jedoch wurde über eine solche Infektion durch allogene Knochentransplantate oder durch Bluttransfusionen bisher nicht berichtet. Das vCJD/CJD-Übertragungsrisiko durch Knochengewebe werde durch die WHO als sehr niedrig eingestuft [5,11,18]. Bei allen Risikobetrachtungen muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Aufbereitungsverfahren auf die Inaktivierung verschiedenster Viren, Bakterien, Pilze und Sporen validiert sind und die Wahrscheinlichkeit der Ansteckung daher wesentlich niedriger anzusetzen ist. Zur Gewinnung des allogenen KEM werden verschiedene Aufbereitungsformen angewendet, die sich erheblich unterscheiden:

  • Fresh Frozen Bone Allograft, FFBA (frisch gefrorener Knochen),
  • Cryopreserved Bone Allograft, CBA (kryokonservierter Knochen),
  • Demineralized Freeze-Dried Bone Allograft, DFDBA (demineralisierter gefriergetrockneter Knochen) und
  • Mineralized Processed Bone Allograft, MPBA (mineralisierter prozessierter, entzellularisierter Knochen), auch bezeichnet als Freeze-Dried Bone Allograft, FDBA (gefriergetrockneter Knochen).

In Deutschland kommen die beiden letztgenannten Klassen (DFDBA und vor allem MPBA) für oralchirurgische, implantologische Eingriffe zum Einsatz [13]. Durch verschiedene chemische und physikalische Aufbereitungsmethoden werden immunogene und potenziell infektiöse Bestandteile entfernt. Die Entwässerung erfolgt dabei entweder durch Aceton-Entwässerung oder Gefriertrocknung, sodass die Transplantate bei Raumtemperatur gelagert werden können [17]. „Die Gewährung der lückenlosen Rückverfolgung bis zum finalen Produkt“ ist ein weiterer wichtiger Schritt, um Anwendern die Sicherheit beim Einsetzen allogener Präparate zu geben. „Bei jedem Produkt können Sie genau die Spender rückverfolgen.“ Smeets: „Es gab Fälle, die in der Literatur beschrieben werden – da wurde jedoch ,Fresh Frozen Bone‘ eingesetzt, das für die Zahnheilkunde in Deutschland keine Relevanz hat.“[6]. Der zertifizierte Produktionsprozess stellt höchste Sicherheitsstandards sicher [14]. Smeets appelliert, bei aller Abwägung die Kirche im Dorf zu lassen: „Die theoretische Möglichkeit einer Infektionsübertragung oder Antigenität durch allogene Materialien besteht. Das ist unvermeidbar, damit müssen Patient und Behandler leben. Eine 100-prozentige Sicherheit gibt es in der Medizin nicht.“

Von der Gewebespende bis zum Patienten

Prof. Smeets betont, dass „die heutzutage angewendeten Prozesse hochsteril und die Methoden validiert sind. Es gibt kaum Produkte, die so hochrein und korrekt bearbeitet werden. Dazu lässt sich akribisch rückverfolgen, um welchen Spender es sich gehandelt hat, welche Probe eingesetzt wurde“. Man könne nach einem Eingriff mit allogenem Material theoretisch sogar untersuchen, ob das Augmentat die Ursache für eine Infektion war. Smeets: „Bis jetzt ist aber bei den in Deutschland zugelassenen Materialien kein einziger Fall bekannt.“ Darüber hinaus sei das theoretische Restrisiko „durch die Produkthaftungsversicherung der Unternehmen abgedeckt“, so Smeets. „Dadurch ist der Arzt oder Zahnarzt zusätzlich geschützt. Für die Produktsicherheit trägt er, abgesehen von der Aufklärungspflicht, keine Verantwortung.“

Am Beispiel von Maxgraft (Botiss, Straumann), das als Granulat, Knochenring (Maxgraft bonering) sowie als 3-D-Knochenblock (Maxgraft bonebuilder) angeboten wird, soll die Prozesskette verdeutlicht werden. Das Knochengewebe stammt ausschließlich von Spendern aus europäischen Kliniken und wird von der Gewebebank „Cells + Tissuebank Austria“ (C + TBA), einer gemeinnützigen Organisation zur medizinischen Versorgung von Chirurgen mit Allografts, unter pharmazeutischen Bedingungen bereitgestellt. Durch das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Gemeinschaft wurden am 31. März 2004 die künftigen Rahmenbedingungen und Qualitätsstandards für den Umgang mit Geweben humanen Ursprungs festgelegt.

Das rein spongiöse Knochenregenerationsmaterial stammt von Lebendspendern nach Resektion der Femurköpfe beim Einsatz einer Hüftgelenktotalendoprothese. Alle Gewebespenden basieren auf der schriftlichen Einwilligung der Patienten, deren Blutproben während der Gewebeexplantation beim Hüftgelenkersatz entnommen werden.

  1. Nach Annahme des Spenders folgt eine Reihe serologischer Testungen. Neben dem Antikörper-Screening (Ak) werden Nukleinsäure-Testungen (NAT) durchgeführt.
  2. Im Ultraschallbad werden Blut, Zell- und Gewebekomponenten ausgewaschen und das Fettgewebe aus der spongiösen Struktur des Knochens gelöst. Die Entfettung ermöglicht die Gewebepenetration durch die nachfolgenden Substanzen.
  3. In der chemischen Aufreinigung (Spülungen in Diethylether und Ethanol) werden nicht-kollagene Proteine denaturiert, potenzielle Viren inaktiviert und Bakterien abgetötet [3,11,12].
  4. In der oxidativen Behandlung werden persistierende, lösliche Proteine denaturiert und dadurch potenzielle Antigenität eliminiert [9].
  5. Dann wird das Gewebe lyophilisiert. Bei dieser gewebeschonenden Trocknung wird gefrorenes Gewebewasser von der festen Phase in die gasförmige Phase sublimiert. Dabei wird die natürliche Struktur des Gewebes erhalten und die Inkorporation des Transplantats wird beschleunigt.
  6. Die Sterilisation durch Gamma-Bestrahlung gewährleistet ein pharmazeutisches Sterilitätslevel (SAL) von 10-6 (Das bedeutet, dass in einer Million Verkaufseinheiten maximal ein lebensfähiger Keim enthalten sein darf). Doppelte Verpackung und die Sterilisation durch Gamma-Bestrahlung garantieren eine Haltbarkeitsdauer von fünf Jahren bei Lagerung bei Raumtemperatur (Quelle: Botiss-Unternehmensbroschüre Hartgewebe Maxgraft, [2]).

Für die Socket Preservation empfiehlt sich laut Hersteller Maxgraft-Granulat, während für ausgedehnte Kieferkammaugmentationen Knochenringe oder patientenindividuelle Knochenblöcke das Behandlungskonzept unterstützen. Dabei wird auf Basis eines CT/DVTScans des Kieferdefekts durch Botiss Biomaterials ein passendes Knochenimplantat mithilfe einer 3-D-Planungssoftware virtuell designt, das den Knochendefekt rekonstruiert. Der erstellte Datensatz wird nach finaler Endkontrolle durch individuelle Bestellung freigegeben. Die Gewebebank „C+TBA Cells+Tissuebank Austria“ erhält eine STL-Fräsdatei und produziert das patientenindividuelle allogene Knochenimplantat unter Reinraumbedingungen. Das sterile Implantat kann durch den behandelnden Arzt im Defekt eingesetzt, durch Osteosyntheseschrauben fixiert und mit Knochenersatzmaterial als Resorptionsbarriere sowie einer Kollagenmembran abgedeckt werden.

Fazit für die Praxis

„Es wird nie ein omnipotentes Material geben, das für alle Defekte gleichermaßen geeignet ist“, so Smeets, doch die Erfahrung im klinischen Alltag zeige schon heute, dass „die allogenen Materialien immer mehr in der Klinik eingesetzt werden“. Sie punkten durch ihre osteokonduktiven Eigenschaften und der bedingten osteoinduktiven Wirkung. Durch die ideale Porenstruktur und Oberfläche sind sie ein vielseitig einsetzbares Knochenersatzmaterial, eine sehr gute Alternative zum oft noch als „Goldstandard“ geltenden autologen Transplantat mit dem Vorteil der kontrollierten Resorption, einer idealen Volumenstabilität und Verfügbarkeit in verschiedenen Applikationsformen. Bei aller Begeisterung für allogene Materialien erinnern sowohl Prof. Dr. Dr. Smeets als auch Dr. Dr. Dr. Blume daran, dass Operationstechnik und Weichgewebemanagement noch immer mitentscheidend für den Erfolg in der Implantologie sind.

Die Aufklärungspflicht gegenüber den Patienten umfasst die Information über eine theoretische Möglichkeit einer Infektionsübertragung durch Allografts, doch „es gibt keine relevante, die Heilungskräfte negativ beeinflussende Immunreaktion, keinen Nachweis einer Hepatitis oder HIV-Infektion, die je bei gefriergetrockneten lyophilisierten und mindestens 15 Tage bei Zimmertemperatur gelagerten Allografts übertragen wurden, und das sind die Produkte des hier erwähnten Herstellers.“ „Inzwischen haben sich die Gesetzesbestimmungen zur Führung von Knochenbanken verändert, die Auflagen in Deutschland sind besonders hoch, es wird häufig Lebendspenderknochen verwendet, und die Sterilisierungsmethoden für den zu verarbeitenden Knochen sind validiert – das minimiert das Risiko“, beschreibt Blume einige markante Veränderungen in den vergangenen Jahren: „Vor diesem Hintergrund müssen wir als Anwender davon ausgehen, dass bei einem Produkt, das hier in Deutschland zugelassen ist, alle kalkulierbaren Risiken ausgeschlossen werden, und wir können die Zertifizierung durch die Behörden nicht wieder in Frage stellen.“ Was will man noch mehr? Smeets: „Es gibt in Deutschland kaum zugelassene Produkte, die so korrekt und hochrein in validierten, sterilen und sicheren Verfahren bearbeitet werden.“