botiss Jason® membrane/botiss collprotect® membrane

Kollagenmembranen in der regenerativen Zahnmedizin

Ein wissenschaftlicher Essay von Sascha Böhm und Sandra Wrobel, botiss biomaterials

Die gesteuerte Geweberegeneration (Guided Tissue Regeneration, GTR) und die gesteuerte Knochenregeneration (Guided Bone Regeneration, GBR) sind in der Zahnmedizin gut etablierte Techniken, um das um Zähne bzw. Dentalimplantate verloren gegangene Gewebe zu augmentieren (Nyman et al. 1980, Karing et al. 1980, Nyman et al. 1982, Dahlin et al. 1988). Das Grundprinzip dieser Verfahren besteht in der Platzierung einer Barrieremembran zwischen dem Weichgewebe und dem Restknochen. So soll verhindert werden, dass die schnell proliferierenden Epithelzellen den Knochendefekt auffüllen, und Raum und Zeit für die Migration sich langsam teilender osteogener Zellen oder Parodontalligament-Zellen in den Defektbereich geschaffen werden.

Autoren: Sascha Böhm & Sandra Wrobel

Dr. Sascha Böhm und Dr. Sandra Wrobel sind wissenschaftliche Produkt-Manager bei botiss biomaterials, Berlin/Deutschland.

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Einleitung

Im Laufe der Entwicklung der GTR- und GBR-Techniken wurden verschiedene Arten von Membranen entwickelt. Heute können handelsübliche Barrieremembranen für GTR- und GBR-Verfahren in nicht resorbierbare und resorbierbare Membranen unterteilt werden. Nicht resorbierbare Membranen, die im Dentalbereich als Erstes eingeführt wurden, bestehen hauptsächlich aus Titan und Polytetrafluorethylen (PTFE, expandiertem PTFE und dichtem PTFE). Ihre strukturelle Integrität bleibt über die gesamte Einheilzeit erhalten. Trotz ihres erfolgreichen Einsatzes bei vielen klinischen Indikationen blieb der primäre Weichgewebeverschluss bei bestimmten Defekten schwierig. Ein weiterer Eingriff zur Entfernung des Produkts nach der gewünschten Einheilzeit war unvermeidlich (Zucchelli und Mounssif 2000, Wang et al. 2000). Dagegen werden bioresorbierbare Membranen, die entweder synthetischen (aliphatische Polyester) oder natürlichen Ursprungs (Kollagen) sind, durch Hydrolyse bzw. enzymatische Aktivität verstoffwechselt und daher im Laufe der Zeit vollständig resorbiert, was den Patientenkomfort erhöht.

Jason® membrane und collprotect® membrane

botiss Jason® membrane und botiss collprotect® membrane – zwei Kollagenmembranen aus Straumanns Biomaterial-Portfolio – bestehen aus porcinem Kollagen Typ I und III. Beide Membranen werden in einem standardisierten mehrstufigen Reinigungsprozess hergestellt, bei dem alle zellulären und nichtkollagenen Bestandteile entfernt werden, die native dreidimensionale und offenporöse Kollagenstruktur jedoch erhalten bleibt. Ihre Biokompatibilität wurde sowohl in Verträglichkeitsstudien als auch in klinischen Prüfungen nachgewiesen (Rothamel et al. 2012, Barbeck et al. 2015, Merli et al. 2015, Panagiotou et al. 2015).

Anforderungen, Arten und Eigenschaften von Barrieremembranen

Praktisch gesehen sollte eine für zahnmedizinische Indikationen bestimmte Barrieremembran die folgenden Kriterien erfüllen: Integration in das Wirtsgewebe, Biokompatibilität, Zellokklusivität, Durchlässigkeit für Nährstoffe und einfache Handhabung (Hardwick et al. 1994). Da Kollagen ein wichtiges und hochkonserviertes Protein ist, das im Bindegewebe aller Säugetiere vorkommt, und daher ein hohes Mass an Homologie bietet, wurden für GTR- oder GBR-Verfahren verschiedene Kollagenmembranen tierischen Ursprungs entwickelt. Von den 28 verschiedenen Kollagentypen, die bei Wirbeltieren identifiziert wurden, ist Kollagen Typ I das am weitesten verbreitete und am besten beschriebene Mitglied der ganzen Familie (Shoulders und Raines 2009, Fratzl 2008, Kadler et al. 2007). Beim Menschen sind ~30 % aller im Körper vorkommenden Proteine Kollagene. Diese wichtigen Proteine sind in allen Geweben und Organen, wie Haut, Knochen, Sehnen usw. zu finden und an zahlreichen biologischen Aktivitäten beteiligt, darunter an der Bildung der extrazellulären Matrix und der Blutgefässe, an der Zelladhäsion und -migration sowie an der Gewebemorphogenese und -reparatur (Kadler et al. 2007, Sakar et al. 2012). Sie kommen als längliche Fasern, netzbildende Kollagene und fibrillenassoziierte Kollagene oder als Kollagene mit Transmembrandomänen vor (Shoulders und Raines 2010, Fratzl 2008) und verleihen dem Gewebe durch ihre bemerkenswerte Zugfestigkeit Stabilität und Elastizität. Kollagenmoleküle werden von verschiedenen Zellen, wie Endothelzellen (Howard et al. 1976) oder glatten Muskelzellen (Schlumberger et al. 1991), hauptsächlich jedoch von Fibroblasten synthetisiert (Silvipriya et al. 2015).

Kollagenabbau und seine Funktion bei Geweberemodelling und Wundheilung


Spezifische Proteasen (Kollagenasen) regulieren die Spaltung von Kollagenmolekülen. Mit ihren charakteristischen katalytischen Domänen können sie das Molekül in bestimmte Fragmente zerlegen. Der Abbau und die Biosynthese von Kollagen sind für mehrere Prozesse wesentliche Schritte. Im Gegensatz zu anderen, für Tissue-Engineering verwendeten Stoffen oder Verbindungen sind natürliche Kollagene aufgrund ihrer schnellen Anpassung an mechanische Kräfte und der Umwandlung von Informationen in biomechanische Signale sehr wirksame Biomaterialien, die mehrere Ereignisse steuern, z. B. das Geweberemodelling oder die Wundheilung (Chang und Buehler 2014). Kollagene spielen auch in hämostatischen Reaktionen eine wichtige Rolle. Thrombozyten haben auf der Zelloberfläche exponierte, kollagenspezifische Rezeptoren. Die Bindung eines Liganden führt zur Degranulation und Blutgerinnung. Kollagen unterstützt also die Wundstabilisierung. Aus diesem Grund fand es in der Medizin und Pharmakologie als Hämostatikum und biologisches Verbandsmaterial breite Anwendung (Patino et al. 2002, Nuyttens et al. 2011). Ausserdem agiert es als chemischer Lockstoff für verschiedene, am Wundheilungsprozess beteiligte Zelltypen, einschliesslich gingivaler und Parodontalligament-Fibroblasten (Postlethwaite et al. 1978). Wird Kollagen während der Einheilzeit in die Mundhöhle eingebracht, wird es entzündungsfrei rasch abgebaut, wodurch der Einsatz von Kollagenmembranen selbst bei schwierigen Eingriffen mit Lappenbildung möglich ist (Schwarz et al. 2006).

Kollagenmembranen für GBR/GTR in der Zahnmedizin

Die in der Zahnmedizin eingesetzten Kollagenmembranen stammen überwiegend aus Sehnen, der Dermis, der Haut oder dem Perikard und sind häufig bovinen oder porcinen Ursprungs (Bunyaratavej et al. 2001). Sie können mit verschiedenen Techniken hergestellt werden. Im Allgemeinen wird der Kollagenanteil zunächst isoliert, dann gereinigt und durch Änderung der Ionenstärke oder des pH-Wertes oder durch Erhöhung der Temperatur und anschliessende Luftverdampfung ausgefällt. Schliesslich wird das gereinigte Kollagen gefriergetrocknet und sterilisiert (Patino 2002).

Einmalige Behandlungsoptionen dank ihres mechanischen Verhaltens und ihrer Abbauzeit

Obwohl sie von derselben Tierart stammen, unterscheiden sich die Jason® membrane und die collprotect® membrane in ihren mechanischen Eigenschaften und ihrem Resorptionsverhalten, da sie nicht aus dem gleichen porcinen Gewebe gewonnen werden. Die Jason® membrane stammt aus dem porcinen Perikard, einem fibrösen Gewebesack, der das Herz von Säugetieren umschliesst. Das Perikard verhindert eine übermässige Ausdehnung des Herzens und enthält eine kleine Menge einer serösen Flüssigkeit, die für die freie Beweglichkeit des Herzmuskels bei Blutvolumenänderungen sorgt. Da das Perikard den Kräften des Herzmuskels standhalten muss, verfügt es über eine aussergewöhnlich dichte Kollagenstruktur, die der Membran Steifheit sowie eine multidirektionale Reiss- und Zugfestigkeit verleiht. Bei augmentativen Eingriffen wird die Jason® membrane nur langsam enzymatisch abgebaut. Sie bietet daher eine langanhaltende Barrierefunktion und eignet sich für die Behandlung grösserer Defekte, wie einer umfangreichen Kieferkammaugmentation und einem Sinuslift mit zusätzlicher lateraler Augmentation. Bei ausgedehnten Knochendefekten ist eine längere Einheilzeit notwendig, da die vollständige Auflösung des Defekts von der Rate der Blutgefässbildung und der Rekrutierung knochenbildender Zellen abhängt, welche an den Rändern beginnt und zur Mitte des Defektareals hin fortgesetzt wird (Schenk et al. 1992). Letztendlich bestimmt die Dimension des Defekts die gewünschte Barrierefunktion und damit die Abbauzeit (Zellin et al. 1995). Dementsprechend erfordern Defekte kleinerer und mittlerer Grösse, wie Dehiszenz-, Fenestrations- oder Parodontaldefekte, eine Membran mit einer mittelfristigen Barrierefunktion wie die collprotect® membrane, die im Vergleich zur Jason® membrane schneller abgebaut wird. Die collprotect® membrane besteht aus der Dermis von Schweinen und hat nicht nur eine offenporöse, sondern auch eine dicht vernetzte Kollagenstruktur. Die offenen Poren der nativen Schweinehaut erleichtern die Migration von Blutgefässen in den Defektbereich und ermöglichen damit eine schnelle Vaskularisierung des zugrunde liegenden Wundbettes (Rothamel et al. 2011), während aufgrund der Dichte der Membran eine Barriere gegen das Einwachsen von Weichgewebe aufrechterhalten wird. Abgesehen von ihren unterschiedlichen Leistungseigenschaften als mechanische Barrieren unterscheiden sich die Jason® membrane und die collprotect® membrane auch in ihrer Dicke. Die Jason® membrane ist nur etwa 0,2 mm dick und erleichtert die Weichgewebemanipulation vor allem bei dünnen Biotypen. Die collprotect® membrane ist etwas dicker (~0,4 mm) und für eine Augmentation mit autologem oder allogenem Knochen das Material der Wahl. Diese Art Transplantate werden in der Regel innerhalb von 3 bis 4 Monaten vollständig remodelliert und erfordern daher keine längere Barrierefunktion. Gleichermassen sind Barrieremembranen mit einer mittelfristigen Barrierefunktion, wie die collprotect® membrane, auch für die Behandlung parodontaler Knochendefekte geeignet.

Parodontale Regeneration nach einer Behandlung mit Barrieremembranen

Resorbierbare Kollagenmembranen wurden erfolgreich für die Behandlung von parodontalen intraossären Defekten und Furkationsdefekten eingesetzt. Im Vergleich zu einem herkömmlichen Eingriff mit Lappenbildung wurde eine durchschnittliche Zunahme des klinischen Attachmentniveaus (CAL) von 1,1 mm bis 1,58 mm erzielt, wenn zwischen dem Gingivaepithel und dem verbleibenden intakten Parodontalligament eine Barrieremembran aus Kollagen platziert wurde (Needleman et al. 2002, Needleman et al. 2006,  Stoecklin-Wasmer et al. 2013). Ferner deuten systematische Reviews auf ähnliche klinische Ergebnisse in der regenerativen Parodontaltherapie wie bei nicht resorbierbaren Membranen hin (Laurell et al. 1998, Parrish et al. 2009), jedoch ohne die Nachteile nicht resorbierbarer Materialien. Aufgrund ihrer Steifigkeit sind nicht resorbierbare Membranen für Lappenperforationen anfällig und erhöhen das Risiko einer Weichgewebedehiszenz und Membranexposition, was zu einer Beeinträchtigung des regenerativen Prozesses führt und schliesslich die Entfernung des Produkts erforderlich macht (Simion et al. 1994, Gher et al. 1994, Watzinger et al. 2000).

Vorteilhafte Membranlösungen dank hervorragender Handhabung

Die Jason® membrane und die collprotect® membrane zeichnen sich nicht nur durch ihre mechanischen Eigenschaften und ihr Abbauverhalten aus, sondern auch durch ihre einfache Handhabung und hervorragenden Anwendungsmöglichkeiten bei Defekten. Beide Materialien können trocken und nass angewendet werden. Unter trockenen Bedingungen können die Membranen aufgrund ihrer relativen Steifigkeit senkrecht in den Defekt oder die Alveole eingebracht werden, während dieser bzw. diese mit granulärem Knochentransplantatmaterial aufgefüllt wird. Nach der Rehydrierung mit steriler Kochsalzlösung oder Blut werden sie geschmeidig und können leicht über den Augmentationsbereich platziert und an die Oberflächenkonturen angepasst werden. Bei Bedarf können sie nass ohne Weiteres neu positioniert werden, ohne dabei zu verkleben. Zwar können beide Membranen mit Stiften befestigt werden, aufgrund ihrer ausgezeichneten Adhäsionseigenschaften ist eine Fixierung in den meisten Fällen jedoch nicht erforderlich. Aufgrund ihrer herausragenden Reissfestigkeit kann die Jason® membrane sogar mit Nahtmaterial oder Schrauben befestigt werden. Ebenso können beide Membranen leicht mit einer Schere oder einem Skalpell auf das Defektareal zugeschnitten werden. Moderne Techniken in der Zahnmedizin haben sowohl eine optimale Geweberegeneration als auch die Erfüllung ästhetischer Belange zum Ziel. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich gezeigt, dass Barrieremembranen aus Kollagen für die Erreichung dieser Ziele von entscheidender Bedeutung sind. Sowohl die Jason® membrane als auch die collprotect® membrane, die mehr als 300.000 Mal im zahnmedizinischen Bereich verwendet wurden, weisen eine hervorragende Handhabung auf und zeichnen sich durch ein kontrolliertes Resorptionsprofil sowie eine ausgezeichnete Biokompatibilität aus. Dadurch sind diese Membranen die ideale Wahl für die Anwendung in der dentalen Implantologie und Parodontologie.