Straumann® Mini Implants: eine gute Alternative für komplexe klinische Situationen

Ein Fallbericht von Dr. Sepehr Zarrine, Frankreich

Über Dr. Sepehr Zarrine

Dr. Sepehr Zarrine

DDS - Oralchirurg. Privatpraxis für Implantologie (Saint Dié, Frankreich). Referent ITI Frankreich. Europäischer Master in zahnärztlicher Implantologie. Chirurgie, Prothetik, Knochentransplantation (Frankfurt, Deutschland). Universitätsdiplom Mund-, Kiefer- und Gesichtschirugie (Medizin, Paris VII).

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Ausgangslage

66-jährige Patientin mit gutem Gesundheitszustand und schmalem Unterkieferkamm (Abb. 1). Das Hauptanliegen der Patientin war der instabile Sitz ihrer Prothese. Beim Kauen von Speisen litt sie unter Schmerzen und Beschwerden, und in Gesellschaft fühlte sie sich unbehaglich und unsicher, da sie stets Angst hatte, dass ihre Prothese verrutschen könnte, wenn sie lachte (Abb. 2).  

Behandlungsplanung

Bei der Behandlungsplanung mit dem Straumann® Mini Implantat System muss die anatomische Ausgangssituation berücksichtigt werden. Hierbei sind zwei grundlegende Situationen zu unterscheiden: In der ersten Situation verfügt der Patient über ein ausreichendes Knochenangebot und ausreichend keratinisierte Gingiva, sodass ein minimalinvasives chirurgisches Verfahren ohne Lappenpräparation möglich ist. Die zweite Situation liegt bei einer in diesem Sinne nicht idealen intraoralen anatomischen Situation vor. In diesem Fall sollte ein chirurgisches Verfahren mit Lappenhebung durchgeführt werden, um die anatomische Situation adäquat zu visualisieren. 

Im vorliegenden Fall war der mandibuläre Alveolarkamm der Patientin insgesamt sehr schmal. Mini Implants sind die ideale Lösung für Patienten mit inadäquatem horizontalem Knochenvolumen. Obgleich eine Kammaugmentation eine Möglichkeit wäre, um ein adäquates Knochenvolumen zu rekonstruieren, würde ein solches Verfahren mit einer erheblich höheren chirurgischen Morbidität, signifikant höheren Kosten und einer deutlich längeren Behandlungszeit einhergehen.

Zur genaueren Beurteilung der anatomischen Situation wurde eine DVT-Untersuchung durchgeführt. Diese ergab, dass der Behandlungsansatz mit Lappenpräparation die sicherste Option für diese Patientin war. Gleichzeitig wurden anhand der DVT-Aufnahmen die idealen Implantatpositionen ermittelt.

Chirurgisches Verfahren

Unter Schonung der keratinisierten Gingiva wurde eine krestale Inzision angelegt, und der Weichgewebelappen wurde sorgfältig abgehoben, um die knöchernen Konturen darzustellen (Abb. 3).
Beginnend mit dem Nadelbohrer wurde das Implantatbett auf eine Tiefe von etwa 6 mm gebohrt. Anschliessend wurde ein Parallelpfosten in die Bohrung eingebracht, um die dreidimensionale Ausrichtung der Implantatachse zu prüfen. Nach Bestätigung der korrekten Achsausrichtung wurde das Implantatbett mit dem Nadelbohrer bis auf die endgültige Präparationstiefe gebohrt. An diesem Punkt konnte die Knochenqualität ermittelt werden. Es zeigte sich, dass der ortsständige Knochen sehr hart war. Aus diesem Grund wurde der Implantatbettdurchmesser über die gesamte Präparationstiefe mit einem Pilotbohrer (Ø 2,2 mm) erweitert, um die potenzielle Knochenverdichtung bei der Implantatinsertion zu reduzieren.
Nach der Präparation der vier Implantatbetten wurden erneut Parallelpfosten eingebracht, um die endgültige Ausrichtung der Implantatachsen zu prüfen (Abb. 4 und 5).
Die Implantate wurden an der auf der Optiloc® Prothetikverbindung sitzenden Verschlusskappe aufgenommen. Diese dient als erstes Eindrehinstrument und löst sich bei einem Drehmoment von 5 Ncm vom Implantat. Die Implantate wurden dann mit der Ratsche in ihre endgültige Position eingebracht (Abb. 6).
Alle vier Implantate erreichten eine Primärstabilität von etwa 50 Ncm, sodass eine Sofortbelastung mit der Prothese möglich war.

Prothetisches Verfahren

Unmittelbar nach dem chirurgischen Verfahren wurden Abformkappen auf die Opticloc®-Verbindungen der Implantate gesetzt (Abb. 7). Die Prothese wurde mit der Abformung gleichzeitig unterfüttert, um die okklusale Situation abzubilden. Es wurde ein klassisches Meistermodell mit den entsprechenden Modellanalogen für das Straumann® Mini Implant System hergestellt (Abb. 8).
Nach der Pick-up-Abformung wurden die Matrizen im Labor eingearbeitet, um die korrekte Platzierung der Matrizengehäuse und Einsätze sicherzustellen. Die fertiggestellte Deckprothese wurde sorgfältig beschliffen und poliert, um Plaqueansammlungen auf ein Minimum zu reduzieren (Abb. 9).
Aufgrund einer ungewöhnlichen postoperativen Schwellung konnte die Prothese nicht am selben Tag eingegliedert werden. Fünf Tage später war die Schwellung jedoch abgeklungen und die Deckprothese konnte der Patientin schmerzfrei und ohne Weichgewebeirritationen eingesetzt werden.
   

Endergebnis

Dieser Fall zeigt die erfolgreiche Behandlung einer zahnlosen Patientin mit vier im Unterkiefer gesetzten Mini Implantaten und früher Belastung. Die Röntgenaufnahme bei der Kontrolluntersuchung nach drei Monaten belegte eine gesunde Osseointegration der Mini Implantate und eine gute Abheilung der Gingiva (Abb. 10). In diesem Stadium wurden die gelben Retentionseinsätze (leichte Retention) gegen grüne Retentionseinsätze (mittlere Retention) ausgetauscht. Der stärkere Prothesenhalt gab der Patientin mehr Sicherheit und Selbstvertrauen, um ihre Mahlzeiten nun unbeschwert zu geniessen.

Schlussfolgerung

Der behandelnde Zahnarzt war mit dem chirurgischen Verfahren und dem Behandlungsergebnis mit dem Straumann® Mini Implantat System zufrieden. Da die Behandlungsdauer relativ kurz war – nur ein chirurgisches Verfahren und keine Knochenaugmentation –, war die Implantatbehandlung für die Patientin komfortabel. Die Patientin war mit dem ästhetischen Ergebnis zufrieden und geniesst es, nun wieder ganz normale Speisen zu sich nehmen zu können, was mit ihrer herkömmlichen Prothese aufgrund der schlechten Retention und der daraus resultierenden Beschwerden vorher nicht möglich war.
Das Straumann® Mini Implantat System hat sich als eine gute Alternative zu Verfahren mit Knochenaugmentation bewährt und wird künftig die bevorzugte Behandlungsoption insbesondere für zahnlose Patienten mit schwierigen anatomischen Situationen sein.