Ein gutes Zusammenspiel zwischen Praxis und Dentallabor in Kombination mit einem aufeinander abgestimmten und harmonierenden Portfolio von Soft- und Hardware – u.a. Planungssoftware, Implantate, Sekundärteile – bilden die Basis für ein gelungenes implantatprothetisches Ergebnis. Besonders in komplexen Situationen sind vorhersagbare Lösungen für Patientinnen und Patienten das A und O. Zahntechnikermeisterin Constanze Reil (Zahntechnik Reil GmbH, Nabburg) veranschaulicht mit nachfolgendem Fallbeispiel eines Patienten und Blasmusikers, wie sich Ästhetik und Funktion in sicherem Einklang vereinen lassen. Dabei geht es um die Planung mit coDiagnostiX® und die passgenaue Umsetzung im Ober- und Unterkiefer mit sechs Straumann® BLX Implantaten und Medentika Prothetik-Komponenten.
Um ein vorhersagbares und sicheres implantatprothetisches Gesamtergebnis zu erzielen, empfiehlt sich eine dreidimensionale und prothetisch ausgerichtete digitale Planung (Stichwort „Backward Planning“). Die Planungsphase unterstützt dabei, das Knochenangebot bei der Implantatpositionierung bestmöglich auszunutzen und erleichtert eine funktionelle und ästhetische implantatprothetische Versorgung. [1-3] Nach der computergestützten Implantatplanung fertigt das Dentallabor eine Bohrschablone an, so dass die Implantate sicher unter bestmöglicher Ausnutzung des Knochenangebotes inseriert werden können. Im vorliegenden Fall erfolgten Planung und Umsetzung der implantatprothetischen Rehabilitation im digitalen Workflow in enger Zusammenarbeit zwischen der Zahnarztpraxis Dr. Sebastian Höllein, Parsberg, mit Zahntechnikermeisterin Constanze Reil, Dentallabor Zahntechnik Reil GmbH, Nabburg.
Fallbeispiel
Befund, Patientenwunsch, Behandlungskonzept
Ein 76-jähriger Patient, Trompeten- und Posaunenspieler, ohne allgemeinanamnestische Auffälligkeiten, trat mit dem Wunsch einer möglichst festsitzenden Rehabilitation im Ober- und Unterkiefer an seinen Hauszahnarzt Dr. Sebastian Höllein heran. Besonders wichtig war ihm, dass nach Abschluss der Versorgung das Instrumentenspiel seiner Blasinstrumente weiterhin gut funktioniert. Das stand im Fokus und sollte gewährleistet werden. Im Aufklärungsgespräch wurde aufgrund der knöchernen Gegebenheiten ein mögliches Vorgehen mit Sinusbodenelevationen erläutert, das in einer oralchirurgischen Facharztpraxis erfolgen würde. Der Patient lehnte einen Praxiswechsel ab und wünschte eine Behandlung in der Zahnarztpraxis Dr. Höllein.
Nach ausführlicher Beratung und Aufklärung fiel die Entscheidung auf eine klassische Teleskopversorgung für den Oberkiefer inklusive Medentika PreFace® Abutment in Regio 24 für das dort vorgesehene BLX-Implantat. Die bestehenden Zahnlücken zwischen den Zähnen 12 und 13 sowie 22 und 23, wodurch die Eckzähne in der klinischen Ansicht leicht dominieren, sollten zum Zeitpunkt des Behandlungsbeginns ausdrücklich belassen werden. Im Unterkiefer wurde eine festsitzende implantatprothetische Versorgung im Unterkiefer auf fünf BLX-Implantaten (in Regio 35, 36, 37, 46 und 47) mit Medentika PreFace® Abutments in Region 46 und 47 sowie ASC Flex Titanbasen in Regio 35, 36 und 37 als Verbindungselement zum Implantat angestrebt. Dr. Höllein entschied sich als erfahrener Straumann-Anwender für den Einsatz des Straumann (Bone Level) BLX Implantatsystems, das für eine hohe Primärstabilität in allen Knochenklassen und für Sofortversorgungsprotokolle konzipiert ist. [4]
Planung mit coDiagnostiX
Die digitale Behandlungsplanung erfolgte mit der Planungssoftware coDiagnostiX® in enger Zusammenarbeit zwischen Praxis und Labor. Nachdem der Zahnarzt den Patientenfall in der coDiagnostiX angelegt hat, wurde das DVT sowie der stl-Datensatz eingepflegt und es konnte die Planung der Implantatposition und der prothetischen Versorgung mit der Planungssoftware durchgeführt werden. Die Daten wurden über den Case Exchange (caseXchange) ausgetauscht und die Produktion im Dentallabor erfolgte, wie auch grundsätzlich gehandhabt wird, erst im Anschluss an die Freigabe durch den behandelnden Zahnarzt.
Wer einmal die Erfahrung mit coDiagnostiX [5] gemacht hat, möchte die Vorteile nicht mehr missen: Es ist ein großer Gewinn, gemeinsam den Patientenfall besprechen und am Monitor beurteilen zu können, wie die Implantate unter Berücksichtigung der Knochensituation und den anatomischen Gegebenheiten bestmöglich positioniert werden und wie sie prothetisch optimal versorgt werden können. Durch die Auswahl der prothetischen Elemente kann eine angemessene und sichere Lösung auch in komplexen Situationen gefunden werden.
Die Planungssoftware ist übersichtlich und anwenderfreundlich aufgebaut und ermöglicht es, alle Elemente und den Workflow komfortabel zu planen. Wenn Schwierigkeiten während des Planungsprozesses auftreten, gewährleistet die Hilfe-Funktion der Software, sowie der Straumann Support erfahrungsgemäß eine sofortige Unterstützung. Das chirurgische Protokoll und die Materialliste lassen sich ausdrucken, was Implantation und prothetische Versorgung erleichtern und sehr vorhersagbare Behandlungen gewährleisten. Ein Game Changer bei enger Zusammenarbeit zwischen Praxis und Labor!
Bohrschablone und weitere Umsetzung
Der Patient wurde zunächst mit Provisorien aus dem Eldy-Hochleistungspolymer versorgt und es wurden individuelle Löffel für eine offene analoge Abformung hergestellt. Im vorliegenden Fall erfolgte die Digitalisierung der analogen Abformung mit dem Tischscanner im Dentallabor. Bei vollständig digitalem Workflow werden alternativ Intraoralscans in die Software eingelesen.
Die Positionierung der Implantate, die Dr. Höllein geplant hat, orientiert sich an den anatomischen Gegebenheiten und der angestrebten prothetischen Versorgung. Anschließend wurde die Bohrschablone konstruiert und es wurden Position und Höhe der Hülsen festgelegt. Nach Freigabe der digitalen Planung durch den Zahnarzt wurde die Röntgenbohrschablone aus autoklavierbaren 3D-Druckmaterial inhouse gedruckt.
Sicherheit mit PreFace-Abutments
Nach erfolgter Implantation konnte der Patient weiter mit den Eldy-Provisorien versorgt werden. Diese wurden zum Schutz der Gingiva von basal leicht ausgeschliffen. Nach den mit 3D-gedruckten individuellen Löffeln erfolgten Implantat-Abformungen konnten die Modelle hergestellt und digitalisiert werden. Mit Hilfe der Konstruktionssoftware Exocad wurden die PreFace-Abutments [6] an den entsprechenden Positionen digital konstruiert (NEM-Primärteile aus Wironit LA mit einem Bissregistriersplint und einer Einsetzhilfe für das PreFace-Abutment in Regio 24).
Die vor mehr als zehn Jahren entwickelten Medentika PreFace Abutments sind in den Durchmessern 11,5 und 16 Millimeter erhältlich und haben eine einheitliche Länge (für die exakte Nullpunktdefinition). Gegenüber Standard-Klebebasen haben sie klare Pluspunkte: Sie bieten durch eine ausreichend große Klebefläche stabilen Halt für die Restauration und eine ideale Kronenunterstützung bei kurzen Bearbeitungszeiten. Die Klebefläche ist ausreichend dimensioniert und minimiert das Risiko, dass sich Klebungen lösen und es zu Frakturen kommt. Das führt zu maximalem Schutz für das exakt gestaltete Implantatinterface und gibt insgesamt Sicherheit. Die Freiheit im Design ist ein weiterer nicht zu unterschätzender Vorteil, denn das Dentallabor kann entscheiden, wie das Emergenzprofil ausgeformt wird und damit eine optimale Ästhetik gewährleisten. Dabei kann auf zwei unterschiedliche Materialtypen zurückgegriffen werden. Titan (Grade 5 KV) und CoCr Legierung, wobei zweiteres im Labor Reil zumeist Anwendung findet.
Zeitgleich zum Fräsprozess wurde im Unterkiefer die Suprastruktur konstruiert (Brücke aus PMMA und Einzelkronen auf den definitiven Abutments). Anschließend erfolgte in der Zahnarztpraxis Dr. Höllein eine klassische analoge Überabformung im Oberkiefer. Über den Bissregistriersplint konnte der Biss genommen werden. Im nächsten Schritt wurden im Labor die Oberkiefer-Primärteile nachgefräst und die Sekundkonstruktion mit Transversalbügel modelliert und gegossen. Die Sekundär-Konstruktion wurde mit Composite verblendet. Im Unterkiefer wurden Zirkon-Kronen und die Brücke monolithisch in Zirkon gefräst und provisorisch verklebt, um die Farbe zu überprüfen und ggf. anzupassen (Shofu Supra Zirkon, Malfarben Miyo Jensen).
Flexibilität mit ASC Flex
Die Titanbasen Medentika ASC Flex [7] wurde in diesem Fall für die Implantate in Regio 35, 36, 37 angewendet. Primär finden die ASC-Flex Abutments Verwendung im Frontzahnbereich, um den Austritt des Schraubenkanals optimal positionieren zu können. Bei einer ungünstigen Inklination des Implantats sowie im Frontzahnbereich kann die angulierte Verschraubung des Hybridabutments mit dem Implantat – Angulated Screw Channel (ASC) – ein möglicher Weg sein, um den Schraubenkanal an einer nicht störenden Stelle austreten zu lassen.
An dieser Stelle sei erwähnt: Gäbe es PreFace-Abutments rotationslos oder eine größere Titanbasis, wäre das die Wahl gewesen. Laut Hersteller soll es dieses Jahr noch eine Titanbasis speziell für den Seitenzahnbereich geben. Im vorliegenden Fall wurde mit ASC Flex gearbeitet, um eine ausreichende Klebefläche auch im Fall der Brücke zu gewährleisten. Darüber hinaus gewährte die Wahl des Verbindungselements etwas Spielraum: Sollte die Implantatposition es im Nachgang doch erforderlich machen, wären leicht die Schraubenkanäle zu angulieren (25 Grad Angulation) gewesen, um optimal zentral in der Okklusion mit dem Schraubenkanal herauszukommen und somit eine ästhetisch ansprechende Lösung zu gewährleisten.
Nach einer finalen klinischen Einprobe erfolgte im Labor der letzte Schritt: die definitive Verklebung (Multilink Hybrid Abutment) extroral der beiden Implantatkronen und der Brücke sowie die Fertigstellung der Teleskoparbeit (Kunststoffsättel aus Kaltpolymerisalt Candulor C34, Verblendung Signum Composite Kulzer etc.). Abschließend wurde die gesamte implantatprothetische Versorgung eingesetzt, die inzwischen rund sechs Monate in Situ ist. Der Patient zeigte sich von Beginn an ausgesprochen zufrieden mit der gesamten Arbeit und konnte das Musizieren mit den Blasinstrumenten ohne Schwierigkeiten fortsetzen.
Fazit für die Praxis
Eine digitale Behandlungsplanung mit coDiagnostiX ist ein Game Changer bei der Rekonstruktion komplexer Versorgungen und setzt eine enge Zusammenarbeit zwischen Praxis und Labor voraus. So lässt sich vorausschauend eine optimale Implantatposition planen und passende prothetische Verbindungselemente für eine langlebige Rehabilitation. Darüber hinaus können mögliche Schwierigkeiten in der Prothetik bereits zu Beginn am Monitor erkannt werden und es lassen sich durch die passende Auswahl der prothetischen Elemente früh Lösungen finden. Erfahrungsgemäß profitieren alle Beteiligten, wenn Hard- und Software angefangen von der Planungssoftware über das Implantatsystem bis hin zu den prothetischen Komponenten harmonieren und optimale Kompatibilität gewährleisten, wie im Patientenfall veranschaulicht. Das führt zu einem reibungslosen Ablauf, zu einem erfolgreichen Ergebnis und zu einem glücklichen Patienten.
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Abb. 1: Digitale Behandlungsplanung mit Straumann coDiagnostiX.
Hier: Oberkiefer-Röntgenbohrschablone. Für die Implantation wählte der behandelnde Zahnarzt Dr. Sebastian Höllein Straumann Implantate 061.6310 BLX RB, Durchmesser 4,5; 10mm, SLActive Bonelevel x Roxolid.
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Abb. 2: Digitale Behandlungsplanung mit Straumann® coDiagnostiX.
Hier: Unterkiefer-Röntgenbohrschablone für fünf Straumann® BLX Implantate in Regio 35, 36, 37 sowie 46, 47 (BLX RB, Durchmesser 4,5; 10mm, SLActive Bonelevel x Roxolid)
Abb. 3: Medentika® PreFace Fräsrohlinge aus CoCr Legierung nach Fräsung in Medentika Halter – Fräsmaschine imesicore 350i.
Die Implantate in Regio 46, 47 sowie das Oberkiefer-Implantat in Regio 24 wurden mit PreFace-Abutments der Medentika-Serie LX9800 (Medentika, Strauman Group Brand) versorgt.
Abb. 4: Nahaufnahme eines Medentika® PreFace Abutments
Abb. 5: Gefräste Medentika® PreFace Fräsrohlinge nach Entnahme aus dem Fräshalter, unbearbeitet
Abb. 6: Okklusal-Aufnahme der Primärteile, vorbereitet für die analoge Überabformung
Abb. 7: Analog hergestellter Bisssplint zur Bissnahme über Primärteile
Abb. 8: Einsetzhilfe für das Medentika® PreFace Abutment in Regio 24
Abb. 9: Primärteile nachgefräst nach Überabformung. Distale Kugel am Primärteil des Medentika® PreFace-Abutments Regio 24 als zusätzliches Halteelement (für eine Sekundärkonstruktion mit Vario Kugelsnap) für eine optionale Modifikation, falls zu einem späteren Zeitpunkt der Halt der Teleskopversorgung verbessert werden müsste.
Abb. 10: Primärteile und Sekundärkonstruktion vor Verblendung
Abb. 11: Fertige Kombinationsarbeit, Composite verblendet mit Führungsflächen und Zentralstopps in NEM
Abb. 12: PMMA Kronen/ Brücke zur Zwischen Einprobe / Bissnahme
Die Implantate in Regio 46, 47 (sowie das Oberkiefer-Implantat in Regio 2)4 wurden mit Medentika® PreFace-Abutments der Medentika-Serie LX9800 (Medentika, Strauman Group Brand) versorgt. Für die Implantate in Regio 35, 36 und 37 ist die für Straumann® BLX-Implantaten kompatible LX-Serie (Titan base ASC Flex) zum Einsatz gekommen.
Abb. 13: Monolithische Zirkonkronen auf Medentika® PreFace Abutments, vor extraoraler Verklebung
Abb. 14: Okklusalansicht der Medentika® PreFace Abutments und Medentika® ASC-Flex Titanbasen auf Meistermodell
Abb. 15: Medentika® PreFace Abutments Lateralansicht auf Meistermodell
Abb. 16: Klinische Frontal-Ansicht der implantatprothetische Versorgung in situ.
Bildnachweis:
Abb. 1-15 Zahntechnikermeisterin Constanze Reil, Reil Zahntechnik, Nabburg
Abb. 16: Praxis Dr. Sebastian Höllein, Parsberg