Sie sagten, dass EmdogainFL ebenso effektiv ist wie der parodontalchirurgische Ansatz. Welche Indikationen sehen Sie für das nicht-chirurgische Verfahren?
Prof. Grubeanu: Das Verfahren ohne Lappenbildung mit Emdogain FL ist für Zähne ohne Furkationsbeteiligung oder Rezessionsdefekte, für intraossäre Defekte und parodontale Taschentiefen von 5 bis 9mm empfohlen. Ich persönlich setze es bei Taschentiefen ab 4mm ein, und zwar immer in Verbindung mit einer geschlossenen Kürettage. Die Tasche heilt sehr gut aus und diesen Erfolg erkennen auch unsere Patienten.
Darüber hinaus halte ich es für effektiv bei der kurativen Behandlung von periimplantären Erkrankungen im frühen Stadium, also bei der periimplantären Mukositis. Studien haben gezeigt, dass Emdogain die periimplantäre Weichegewebe- und Wundheilung anregt und fördert. [10,11,12]
Zusätzlich kann Emdogain FL zur Unterstützung der frühzeitigen Heilung von parodontalen Weichgewebswunden verwendet werden, die durch die Instrumentierung von parodontalen Zahnfleischtaschen entstehen. So halte ich es auch und setze Emdogain FL prophylaktisch nach meiner Parodontitis-Behandlung ein. Also immer nach der erfolgten Kürettage. Der Zahn wird unter Anästhesie gesäubert, poliert und in derselben Sitzung wird Emdogain FL in die Tasche appliziert.
Bitte können Sie kurz skizzieren, wie Sie bei Emdogain FL vorgehen?
Prof. Grubeanu: So wie das Behandlungsprotokoll es vorsieht, erfolgt eine gründliche mechanische Instrumentierung der Wurzeloberfläche unter Anästhesie. Nach Spülen mit steriler Kochsalzlösung, Konditionierung der Wurzeloberfläche mit ph- neutralem, 24-prozentigem EDTA (Straumann PrefGel) zur Entfernung der Schmierschicht (smear layer) und nochmaligem Spülen kann Emdogain FL in die Parodontaltasche appliziert werden. Mit dem speziellen Aufsatz, der feinen Kanüle, ist der Boden der Parodontaltasche gut zu erreichen. Anschließend wird der Gingivalsaum vorsichtig gegen den Zahn adaptiert, bis das Zahnfleisch den Zahn umschließt.
In den folgenden sechs Wochen sollten die Patienten bei der üblichen Mundhygiene keine Interdentalraumbürstchen nutzen, so wie es auch im Manual des Herstellers beschrieben wird. Dann erfolgt die erste Kontrolle in der Praxis und anschließend alle drei Monate im ersten Jahr.
Ein radiologisches Ergebnis erhält man auch bei dieser Methode nach frühestens acht Monaten, doch wie die Tasche ausheilt, ist klinisch schon nach wenigen Wochen zu sehen.
Übernehmen Krankenkassen diesen Behandlungsansatz?
Prof. Grubeanu: Private Krankenkassen übernehmen den Ansatz nach meiner Erfahrung nach Stellung eines Kostenvoranschlags. Im Zuge der Parodontitis-Behandlung entstehen Wunden und zur Unterstützung der frühzeitigen Heilung wird die Therapie der Emdogain Flapless-Applikation ebenso wie die der offenen chirurgischen Applikation aufgrund der Datenlage tatsächlich übernommen. Was Patientinnen und Patienten, die in der gesetzlichen Krankenkasse versichert sind, angeht: Wenn sie sich in der Parodontaltherapie befinden, haben sie erfahrungsgemäß ein großes Bewusstsein für ihr Gesundheit und stehen diesem Ansatz der Therapie ausgesprochen offen gegenüber; das erhöht die Bereitschaft, diese Leistung als Selbstzahler zu übernehmen.
Konkrete Hinweise für die Abrechnung finden sich im Abrechnungsleitfaden für Emdogain und Emdogain FL, den das Unternehmen Straumann bereitstellt. Derzeit wird der Leitfaden aktualisiert.
Ergeben sich denn wirtschaftliche Vorteile für die Praxis?
Grubeanu: Es kommen Patientinnen und Patienten in unsere Praxis und sagen, ‚ich möchte auch diese Art der Regeneration von Ihnen erhalten, das macht sonst kein anderer“. Vor diesem Hintergrund können sich wirtschaftliche Vorteile dadurch ergeben, dass sich viel mehr Patienten auf den Eingriff einlassen und auch mehr Patienten auf diese minimalinvasive Weise therapiert werden können. Denn das Vermeiden der Chirurgie erspart sowohl Patienten als auch dem Praxisteam Zeit.
Ich sehe also in der Außenwirkung einen nicht zu unterschätzenden Vorteil: Unsere Patientinnen und Patienten erkennen mit eigenen Augen, wie gut eine Tasche, die mit Emdogain FL behandelt wurde, ausheilt. Das ist ein Pluspunkt für das Praxisteam, das Emdogain FL in der Praxis anbietet. So können sich wirtschaftliche Vorteile dadurch ergeben, dass der Therapieansatz zur Differenzierung der eigenen Praxis genutzt werden kann und das Behandlungskonzept der Praxis stärkt.
Das Behandlungsprotokoll für Emdogain FL scheint einfach, praktisch und sowohl patienten- als auch anwenderfreundlich zu sein. Empfiehlt es sich, den Therapie-Ansatz zu delegieren, zum Beispiel an die DH?
Grubeanu: Grundsätzlich ist es möglich und gestattet. Dennoch kommt von mir ein klares Nein, das würde ich nicht delegieren! Wir Zahnärzte haben mit Emdogain und Emdogain FL ein hervorragendes Produkt, einen „Diamanten“, für eine echte parodontale Regeneration in der Hand. Die parodontologische Qualifikation ist für die gewünschten Ergebnisse unabdingbar, denn die richtige Indikationsstellung für die weniger traumatische Vorgehensweise obliegt uns Ärzten. Dann ist das Verfahren für die Parodontologie und Implantologie prognostisch sicher und mit einem hohen Patientenkomfort verbunden.
Danke, Prof. Grubeanu, für die Einblicke in Ihre Praxis und Ihre Ausführungen.