Therapie
Nach ausführlicher Beratung und Abwägung aller Therapiealternativen erfolgte in enger Zusammenarbeit mit den behandelnden Kieferorthopäden im Jahr 2013 der operative Eingriff.
Die Therapie bestand in einer Kombination aus verschiedenen chirurgischen Techniken.
Zunächst wurden die Milchmolaren 55, 65, 75 und 85 extrahiert, die Zähne 13, 33 anluxiert bzw. transplantiert und die Zähne 15 und 25 i.S.e. Ausgleichstransplantation zur Schaffung gleicher Zahnanzahlen in den jeweiligen Quadranten in den Unterkiefer in regio 34 (25 > 34) und 45 (15 > 45) transplantiert.
Der Eingriff erfolgte in allgemeiner Anästhesie. Die transplantierten Zähne wurden in regiones 13, 33 und 34 intraoperativ semi-rigide mittels 0,2mm Titan Trauma Splint (Medartis®) in Säure-Ätz-Technik (Ivoclar Vivadent® Bleach flow) an ihren Nachbarzähnen in geschient.
Aufgrund der Wurzelmorphologie des Zahnes 43 konnte das Transplantat in regio 45 nicht in approximalen Kontakt zu Zahn 43 gestellt werden. Das Risiko einer iatrogenen Verletzung der Zahnwurzel 43, durch Schaffung der Neoalveole, musste ausgeschlossen werden. Das Transplantat regio 45 konnte somit nicht mit einer TTS-Schienung in Position gehalten werden, sondern wurde mit einer Überknüpftnaht vor Aspiration gesichert (Abb. 2).
Die Entfernung des Titan Trauma Splints erfolgte jeweils 3 Wochen post operativ. Dadurch konnte der nächste Behandlungsschritt freigegeben werden und der Patient wurde zur weiteren Therapie an die behandelnde Kieferorthopädie zurücküberwiesen.
Es folgte die kieferorthopädische Ausformung von Ober- und Unterkiefer mit Einstellung des transplantierten Zahns 13, der Zahn 14 ist noch retiniert und befindet sich noch im Durchbruch. Abbildungen 3 a und b zeigen den Verlauf 3 Monate post-OP bei laufender kieferorthopädischer Behandlung mittels herausnehmbarer Apparaturen.
Um eine vollständige Rehabilitation zu gewährleisten, wurde darauf hingearbeitet, dass die Schaltlücken regiones 15, 24, 35, 44 im Sinne eines folgenden implantologischen Lückenschlusses im Erwachsenenalter offengehalten wurden.
Abbildungen 4a und b zeigen den kieferorthopädischen Behandlungsverlauf nach inzwischen 5,5 Jahren post-operationem. Der etwas hypoplastische Zahn 14 hat inzwischen auch den physiologischen Durchbruch erreicht und kann in die kieferorthopädische Therapie mit einbezogen werden.
Im weiteren Verlauf wurden die Lücken 15, 24, 35, 44 für eine spätere Implantation vorbereitet. Es folgte nun die kieferorthopädische Retentionsphase. Der Patient ist mittlerweile 21 Jahre alt und für die anstehende dentale Implantation mit definitiver prothetischer Versorgung vorbereitet. Das Knochenlager stellt sich röntgenologisch und klinisch in oro-vestibulärer und in vertikaler Dimension im Ober- sowie im Unterkiefer für eine Implantation als ausreichend dar.
Als abschließender Therapieschritt konnte nun der implantologische Lückenschluss vollzogen werden.
Die knöchernen Dimensionen des Hartgewebes erlaubten eine sichere Insertion von dentalen Keramik-Implantaten mit Primärstabilität von 35Ncm (Straumann® PURE Ceramic, Durchmesser 4,1 mm, L 10 mm, RD, zweiteilig) in regiones 15, 24, 35, 44 (Abb. 5).
Die Transplantate in regio 34 und 45 zeigten sich röntgenologisch bei obliteriertem Pulpacavum, was als Vitalitätszeichen interpretiert werden kann1, bei positiver Kältesensibilitätstestung. Die Zähne 13 und 33 zeigen ebenfalls keine Resorptionserscheinungen - trotz einer langen kieferorthopädischen Extrusionstherapie2.
Abbildungen 6a und b zeigen die klinische Situation 3 Monate post-implantationem zum Zeitpunkt der Freilegung aller vier Implantate. Es zeigten sich stabile gingivale Verhältnisse bei vollständig rehabilitiertem adulten Gebiss. Nach 12 Wochen wurden die Implantate prothetisch definitiv mit Vollkeramikkronen in verschraubter Technik versorgt (Abb. 7a-c).
Durch eine Kombination aus autogener Zahntransplantation im Jugendalter und dentaler Implantation im frühen Erwachsenenalter konnte eine zuverlässige, ästhetisch ansprechende kaufunktionelle Rehabilitation in allen vier Quadranten erreicht werden. (Abb. 8 und b) Die Kaufunktion3 ist bis zum zweiten Molaren ohne Verkürzung der Zahnreihe gegeben.
Die Nachuntersuchungszeit des Patienten seit Beginn der chirurgischen Therapie beträgt inzwischen über 8 ½ Jahre. Alle Transplantate und Implantate zeigen sich im regelmäßigen hausinternen Recall bei guter Kaufunktion und Ästhetik stabil in situ. Es zeigen sich reizfreie gingivale Verhältnisse bei stabiler Osseointegration aller vier Implantate (exempl. Abb. 7a)