Belastungskonzepte auf dem Prüfstand
Die Belastungszeiträume werden nach gängiger Klassifikation in folgende Gruppen eingeteilt: 1. Sofortbelastung: Der Zahnersatz wird innerhalb einer Woche eingegliedert. 2. Frühbelastung: Eingliederung des Zahnersatzes im Zeitraum zwischen 1 Woche und 2 Monate nach Implantation. 3. Spätbelastung: implantatprothetische Versorgung nach 3 Monaten1.
Die Erwartungshaltung der Patienten nach schnelleren Versorgungen wird im Praxisalltag erlebt, ist aber auch durch Untersuchungen belegt. So werden Sofortversorgungen von den Patienten positiv bewertet und die empfundene Zufriedenheit der Patienten (patient-reported outcome measures [PROMS]) ist höher, als bei konventionellen Belastungsprotokollen2,3.
In zahlreichen wissenschaftlichen klinischen Studien wurde untersucht, ob der Belastungszeitpunkt der Implantate einen Einfluss auf die Implantatüberlebenszeiten hat. Systematische Übersichtsarbeiten und Metaanalysen zeigen, dass der Versorgungszeitpunkt auf die Überlebenszeit der Implantate keinen Einfluss hat4. Es muss jedoch festgehalten werden, dass die jeweiligen Studien eine hohe Heterogenität aufweisen. Co-Faktoren sind beispielsweise das Implantatmaterial, das Makrodesign und die Oberflächenbeschaffenheit der Implantate oder die prothetische Situation von der Einzelzahnversorgung bis hin zu festsitzenden Zahnersatz im zahnlosen Kiefer.
Voraussetzungen für eine Sofortbelastung
Es hat sich gezeigt, dass verschiedene Bedingungen für eine erfolgreiche Sofortbelastung erfüllt sein müssen. Die ist insbesondere eine ausreichend hohe Primärstabilität. So haben Ottoni et al. in ihren Untersuchungen einen mindestens zu erreichenden Wert von 32 NCm berechnet5. Wenn dieser Wert erreicht war, hatte der Belastungszeitpunkt keinen Einfluss mehr auf die Überlebenszeit der Implantate. Diese hohen Eindrehmoment hängen maßgeblich vom Makrodesign der Implantate ab. Das heißt damit auch, dass nicht jedes Implantatsystem gleichermaßen für eine vorhersehbare Sofortbelastung geeignet ist. So werden konische Implantate empfohlen6. Die Länge des Implantats scheint keinen Einfluss auf die Überlebenszeit zu haben7. Dagegen hat die prothetische Situation von Einzelzahnversorgungen vs. verblockten prothetischen Rekonstruktionen einen Einfluss. Einzelzahnversorgungen zeigen das höchste Risiko des Versagens8.
Keramik als Implantatmaterial
Zirkonoxid hat sich als gleichberechtigtes Material für die Herstellung von Zahnimplantaten entwickelt. Patienten bevorzugen die zahnähnliche weiße Farbe des Implantates. Insbesondere im Frontzahnbereich, kann das Durchschimmern des dunkelgrauen Titans durch einen dünnen labialen Knochen oder die Gingiva vermieden werden. Zirkon ist aufgrund seiner hohen Biokompatibilität und der geringen Plaqueaffinität ein geeigneter Werkstoff zur Herstellung von Implantaten9. Zudem werden die potentiell hypersensitiven Eigenschaften durch die Freisetzung von Titanpartikeln bei der Verwendung von Titanimplantaten diskutiert. Daraus können bei bestimmten Patientengruppen Zirkonimplantate das Material der ersten Wahl sein.
Sofortbelastungen auf keramischen Implantaten sind momentan wissenschaftlich noch deutlich weniger untersucht, als dies bei Titanimplantaten der Fall ist. Es liegen jedoch verschiedene vielversprechende 5-Jahres-Untersuchungen von einteiligen keramischen Implantaten vor, die ähnliche Resultate im Vergleich zu Titanimplantaten aufweisen10,11.
Die Herstellung der vorwiegend auf dem Markt erhältlichen keramischen Implantate erfolgt durch subtraktive Methoden. Aus Zirkonrohmaterialien werden die Geometrien der Implantate herausgefräst. Als innovatives Verfahren hat sich inzwischen der Keramikspritzguss , CIM (Ceramic Injection Molding) für Zirkonoxid etabliert. Durch die weitaus höhere sowie reproduzierbare Präzision entstehen neue Möglichkeiten in der Gestaltung des Makro- und Mikrodesigns. Der Einsatz solcher, zudem zweiteiligen Implantaten erweitert die Indikationsfelder von Implantaten aus Zirkonoxid.
Fallbeschreibung
Nach dem traumatischen Verlust des Zahnes 12 stellte sich die 45-jährige Patientin zur Versorgung mit einer implantatgetragenen Einzelzahnversorgung vor. Da der Zahn bereits entfernt war, konnte eine Sofortimplantation nicht durchgeführt werden. Dieses Vorgehen wird bei uns grundsätzlich geprüft und bei einer eindeutigen Indikationsstellung auch empfohlen. In diesem Fall wurde eine verzögerte Implantation nach 3 Monaten durchgeführt (Abb. 1). Die Patientin wünschte ausdrücklich eine Versorgung mit einem keramischen Implantat aus Zirkon.