Osseointegration und Bruchfestigkeit sind heute als mit Titanimplantaten gleichwertig anzusehen. Dennoch behandeln viele Implantologen Keramikimplantate noch mit Zurückhaltung.
Der typische Keramikimplanteur ist innovativ, ambitioniert und in einem prosperierenden urbanen Umfeld ansässig. Seine Patienten verlangen das Modernste, was die Zahnmedizin zu bieten hat und zahlen gerne dafür.
Ländliche Regionen zeigen sich hingegen oft eher konservativ und ohne Eile; das spiegelt sich auch in der Anwendungshäufigkeit von Keramikimplantaten. Dass das nicht immer der Fall sein muss, zeigt das Beispiel der oralchirurgischen Praxis von Dr. Johannes Müller in Wörth an der Isar.
Herr Dr. Müller, vielen Dank, dass Sie sich bereiterklärt haben, uns einen Einblick in Ihre Praxis und Ihr Behandlungskonzept zu geben. Sie sind mit Ihrer oralchirurgischen Praxis ansässig in der beschaulichen Gemarkung Wörth an der Isar, und die Verwendung von Keramikimplantaten gehört seit langem zu Ihrer klinischen Routine. Etwa 90 Prozent der von Ihnen gesetzten Implantate sind aus Zirkoniumdioxid.
Können Sie uns etwas zu Ihrem persönlichen Werdegang und Ihrem Praxiskonzept sagen?
Gerne. Nach meiner oralchirurgischen Weiterbildung im Klinikum rechts der Isar habe ich mich im Jahr 1989 in eigener Praxis hier in Wörth niedergelassen. Die Implantologie wurde in den späten 90er Jahren zu einem festen Bestandteil meiner Tätigkeit. Durch reinen Zufall stieß ich um das Jahr 2010 auf alternativmedizinische Sichtweisen der Zahnheilkunde. Im Besonderen haben die Zahn-Organbezüge mein Interesse geweckt.
Die Zahn-Organbezüge wurden bereits vor vielen Jahrzehnten mittels Elektroakupunktur nach Voll1 aufgedeckt und katalogisiert. Obwohl die Elektroakupunktur nach Voll von der wissenschaftlich basierten Medizin nicht anerkannt ist, erweisen sich die Zahn-Organ-Bezüge immer wieder als zutreffend. Ich kann mich erinnern, dass bereits zu meiner Studienzeit Professor Schlegel in München ein praktikables Verfahren zur Störfelddiagnostik anwendete: Ein fraglicher Zahn wurde mit einer Injektion mit „Impletol“ versehen – einem Lokalanästhetikum, bestehend aus Lidocain plus Koffein. Trat eine kurzfristige Besserung orthopädischer oder organischer Beschwerden ein, dann galt das als eine Indikation zur Extraktion des betreffenden Zahnes.
Es gibt auch Überschneidungen mit der Akupunktur der traditionellen chinesischen Medizin. Die Akupunktur zur Behandlung chronischer Schmerzen beispielsweise ist heute durch zahlreiche Studien gestützt und schulmedizinisch anerkannt.
Bei den meisten Zähnen, die im Visier stehen, handelt es sich um wurzeltote Zähne mit röntgenologischen Auffälligkeiten, also sehr wohl von der wissenschaftlich basierten Zahnheilkunde zweifelsfrei anerkannte Befunde. Dabei lege ich einen strengen Maßstab für eine erfolgreiche endodontische Behandlung an: Auch geringe Verbreiterungen des periapikalen Parodontalspaltes sind aus alternativ-zahnmedizinischer Sichtweise als Misserfolg zu bewerten. Anstatt einer langwierigen endodontischen Revision mit unsicherem Ausgang bevorzugen wir die Zahnextraktion. Die Patienten fühlen sich danach regelmäßig erleichtert, nachdem sie sich von ihren zweifelhaften Zähnen getrennt haben.
Ich habe nach der Auseinandersetzung mit diesen Themen versucht, die alternativmedizinischen Ansätze mit zu integrieren und ihre Vorteile zu nutzen und würde mein Behandlungskonzept als pragmatisch und patienten- und fallorientiert beschreiben.
Wie war Ihr Weg zur Keramikimplantologie? Welches war Ihr Motiv, sich mit Keramikimplantaten auseinanderzusetzen? Wie sah Ihre persönliche Lernkurve aus?
Zähne, welche gemäß dieser Argumentation extrahiert wurden, werden in den meisten Fällen durch Implantate ersetzt, seltener durch eine Totalprothese oder parodontal gestützten Zahnersatz.
Die meisten Patienten, welche der alternativ- zahnmedizinischen Sichtweise folgen, tendieren emotional eher zu immunologisch nahezu neutralen Keramikimplantaten als zu Titanimplantaten mit einer möglichen Fremdkörperreaktion. Dies entspricht generell auch den Ergebnissen der wissenschaftlichen Arbeiten von Frau Dr. Jacobi-Gresser2,3,4. Meine Motivation war von Beginn an, den Patienten eine Lösung mit der bestmöglichen Bioverträglichkeit anzubieten.
Eine Fortbildung mit Professor Gahlert über das von Straumann neu gelaunchte Keramik Monotype Implantat im Jahr 2014 (Abb.1) bewegte mich dazu, dieses Implantat in meiner Praxis einzusetzen.
Das Implantat zeigte sich bei Beachtung des Bohrprotokolls als sehr zuverlässig und brachte einen spürbaren Fortschritt gegenüber meinem zuvor verwendeten System, das zwar auch gut osseointegrierte, aber Probleme mit der Implantat-Abutment-Verbindung aufwies. Das im Jahr 2018 gelaunchte zweiteilige Keramikimplantat von Straumann (Abb.2) brachte weitere Verbesserungen hinsichtlich Einbringen und geschützter Einheilung.
Einen neuen Meilenstein setzte Straumann im Herbst 2022 mit dem Neodent Zi Implantat (Abb.3). Ich bin recht rasch auf dieses Implantat komplett umgestiegen und habe beste Erfahrungen damit gemacht.
Das Handling ist sehr einfach. Aufgrund des Bone Level Designs haben wir wegen der Möglichkeit der gedeckten Einheilung eine große Sicherheit. Die Erstellung einer provisorischen Versorgung ist einfach. Das konische Design ermöglicht einen guten Grip und erlaubt einen nahtlosen Übergang von der Primär- zur Sekundärstabilität.