#Sofortversorgung 29.09.2022

Das Neodent® Ceramic Implant System mit optimierter Innenverbindung – Sofortversorgung mit innovativer Keramik

Ein klinischer Fallbericht von Dr. Mathias Sperlich M.Sc. und Dr. Markus Sperlich

Die Implantologie ist ein Fachgebiet mit großer Dynamik. Seit der Entdeckung des Prinzips der Osseointegration wurden weitere Meilensteine mit dem biologischen Verständnis der Wundheilung und bei der Verfeinerung chirurgischer Verfahren bestritten. Auch im Hinblick auf das Design und die Oberflächen von Implantaten erfolgten über die Jahre große technologische Fortschritte.

Der Goldstandard für die Herstellung von dentalen Implantaten ist bis jetzt kommerziell reines Titan oder seine Legierungen. Für diese Implantate sind Überlebensraten von 92-100 Prozent beschrieben1-3. Es besteht kein signifikanter Unterschied ob die Implantate als Sofortimplantate oder konventionelle Implantate, mehr als sechs Monate post extractionem, inseriert werden4. Weiter zeigt sich für Titanimplantate eine Fülle an randomisierten kontrollierten Studien auf höchstem Evidenzniveau.

Warum Zirkoniumdioxid?

Aufgrund der steigenden ästhetischen Ansprüche der Patienten wird immer häufiger aber auch die Verwendung von Keramik nachgefragt. In der ästhetischen Zahnmedizin gerade bei der Versorgung mit Veneers, aber auch bei der Herstellung individueller Abutments für Zahn- und Implantat getragene Vollkeramikrestaurationen hat sie einen hohen Stellenwert. Und Keramik wird zur Herstellung von oralen Implantaten verwendet, vor allem Zirkoniumdioxid (ZrO2), denn es weist das Phänomen der Allotropie auf, das einen Mechanismus zur Zähigkeitserhöhung durch Phasenumwandlung ermöglicht. Dies führt zu verbesserten mechanischen Eigenschaften wie erhöhter Bruchfestigkeit und Zähigkeit5.

Heute ist Yttriumoxid stabilisiertes tetragonales Zirkoniumdioxid (Y-TZP) das Material der Wahl6. In Bezug auf Biegefestigkeit und Bruchzähigkeit hat sich Zirkoniumdioxid, egal welcher Generation, als herausragend gegenüber anderen Materialien erwiesen. Das niedrige Elastizitätsmodul, die geringe Affinität zu Plaque und die hohe Biokompatibilität sowie die weiße Farbe haben Zirkonoxidkeramik zu einer sehr attraktiven Alternative zu Titan in der Implantologie gemacht7-9. Nicht gelöst ist bislang das Problem der hydrothermalen Degradation, die auch als Alterung bezeichnet wird. Ob die hydrothermale Degradation jedoch tatsächlich eine signifikante klinische Relevanz in der Zahnmedizin zeigt, ist bislang nicht abschließend geklärt.

Die mechanischen und physikalischen Eigenschaften von Zirkonoxidimplantaten hängen von unterschiedlichen Faktoren ab. Die Zusammensetzung und die Art der Kristalle, der metastabilen polymorphen Struktur, dem Verhältnis der monoklinen zur tetragonalen Phase und dem Prozentsatz des stabilisierenden Metalloxids. Das Makro- und Mikrodesign des Implantats, die Art der Oberflächenbeschaffenheit und die Eigenschaften des Implantataufbaus und der Höhe der okklusalen Belastung spielen weiter eine zentrale Rolle.

Mit dem Neodent® Ceramic Implant sofort versorgen

Die Straumann GmbH führt im Herbst 2022 mit dem Neodent® Ceramic Implant System ein revolutionäres Keramikimplantat (Abb. 1) auf den deutschen Markt ein welches den direkten Vergleich mit modernen Titanimplantaten durchaus suchen kann. Durch sein modernes konisches Design erfüllt das Neodent® Ceramic Implant alle Voraussetzungen eines modernen Implantates. So ist es ist im oberen Teil parallelwandig und im unteren konisch. Hierdurch ermöglicht es hohe Drehmomente von 35 Ncm bis maximal 60 Ncm. Sein doppelt verdichtendes Trapezgewinde, mit einer äußere Gewindesteigung von 1,4 mm pro Gewindegang, zeigt darüber hinaus eine überdurchschnittliche Schneidekraft. Diese Eigenschaft prädestinieren das Neodent® Ceramic Implant für die Sofortimplantation. Die wahre Revolution des Implantates steckt jedoch in seiner Innenverbindung. Die ZiLock-Verbindung stellt eine gerade Innenverbindung dar mit je sechs Profilen und passenden Nuten. Es können somit hohe Drehmomente stressfrei auf das Implantat übertragen werden. Eine 6mm lange Titanschraube sichert die Verbindung zwischen Implantat und Sekundärteil. Darüber hinaus verbessert die lange Schraube die Leistungseigenschaften von Zirkonoxid, da es die Kraftverteilung entlang der Innenverbindung optimiert. Durch diese Innenverbindung eignet sich das Neodent® Ceramic Implant in hohem Masse für Sofortversorgungskonzepte.

Das Design ist seinem Herstellungsverfahren geschuldet. Im Gegensatz zu vielen anderen Implantaten wird das Neodent® Ceramic Implant im Pulverspritzgussverfahren gefertigt. Grundlage der Herstellung von keramischen Formteilen im Keramikspritzgussverfahren ist eine Arbeitsmasse (Feedstock), welche durch die Zugabe von organischen Bindesystemen entsteht. Diese Fertigung erlaubt Implantate mit den Durchmessern 3,75 und 4,3 in den jeweiligen Längen 10, 11,5 und 13 mm.

Fallstudie

Die Prävalenz für Sofortimplantation und Sofortversorgung veranlasste uns das Neodent® Ceramic Implant für unser Sofortbehandlungskonzept einzusetzen. Die hier vorgestellte Fallstudie beschreibt unser Vorgehen anhand eines nicht erhaltungswürdiger Zahnes 22.

Der Patient, männlich und anamnestisch unauffällig, stellt sich mit anhaltenden Beschwerden an Zahn 22 vor. Der klinische und radiologische Befund ergibt, dass der Zahn nicht erhaltungswürdig ist. In Absprache mit dem Patienten erfolgt der Entschluss zur implantologischen Sofortbehandlung.

Nach Auswertung der DVT-Aufnahme, werden die STL-Daten des DVT und des digitalen Abdrucks in das Implantatplanungssystem SMOP eingespielt. In der Software wird ein Neodent Zi-Implantat in Regio 22 geplant (Abb.2). Hierbei gelten unsere Standards für die Sofortbehandlung (hohe Primärstabilität, Schonung und Erhalt der alveolären Strukturen). Die Planung übermitteln wir nach Fertigstellung an das Servicecenter Stentists, zur Herstellung der Bohrschablone und Vorbereitung der Suprakonstruktion. Entscheidend für den Erfolg der präoperativ hergestellten CAD-CAM Sofortversorgung ist die Tatsache, dass das Implantat chirurgisch in der durch die Planung festgelegten vertikalen Höhe und Rotationsausrichtung der ZILock Innenverbindung platziert wird. In Zusammenarbeit mit Stentists entwickelten wir hierfür ein spezielles Eindrehwerkzeug (Abb. 3). Es zeigt sich, dass über die definierte Anschlaghöhe des Eindrehwerkzeuges auf dem Hülsenlager der Bohrschablone die richtige vertikale Implantatposition, die richtige Angulation und die richtige Rotationsausrichtung der ZiLock Innenverbindung erreicht wird. Sind alle Erfordernisse finalisiert, erfolgt der Datenexport via STL. Mit diesem verbunden ist der Export des Scanabutments. Das Scanabutment dient als Grundlage in den dentalen Konstruktionsprogrammen (Exocad). Es referenziert in Zusammenspiel mit dem exportierten OP-Plan die Lage des Implantates und des auszuwählenden Abutments in der Software. In exocad wird die Fertigung einer CAD-CAM implantatgetragenen Krone durchgeführt. Somit liegt dem Chirurg präoperativ eine SMOP Schablone und die spätere Prothetik als Setup (Abb. 4, 5) zur Implantation vor.

Sofortimplantation

Nach entsprechend steriler Vorbereitung wird zunächst die atraumatische Extraktion des Wurzelrestes (Abb. 6) vollzogen. Die Sofortimplantation und somit auch die Sofortversorgung leben von dem Erhalt der anatomischen Strukturen. Neben Ruhe, Zeit und Erfahrung ist hier der Einsatz von Desmotomen ein Garant für den Erfolg. Der größtmögliche Schutz und Erhalt der Hart- und Weichegewebe ist ein Baustein zum Erfolg der Sofortbehandlung (Abb. 7). Nach entsprechendem Alveolenmanagement folgt die Anprobe der SMOP-Schablone. Ein spannungsfreier suffizienter Sitz ist hier unumgänglich.

Die geführte Aufbereitung des Implantatlagers erfolgt mit Hilfe des Neodent Guided Surgery Kit GM. Beim vorgestellten Patienten wird für ein Neodent Zi-Implantat Durchmesser 4.3mm Länge 13mm systemimmanent aufbereitet. Hierbei gilt es, die Besonderheiten bei der Aufbereitung für ein Keramikimplantat strikt zu beachten. Eine Einhaltung der Bohrreihenfolge sowie der vorgegebenen Drehzahl ist unbedingt einzuhalten. Bei Knochenklasse I und II erfolgt die Aufbereitung mit 800-1200 rpm, bei Klasse II-III mit 500-800 rpm. Weiter gilt bei Knochenklasse I + II der Einsatz eines Gewindeschneiders mit maximal 30 rpm Drehzahl. Ein Countersink wird für Knochenklasse I-III empfohlen, bei einer maximalen Drehzahl von 300rpm. Die Einhaltung des Bohrprotokolls wirkt einer übermäßigen Hitzeentwicklung beim Eindrehen des Implantates entgegen. Keramik gibt die Reibungswärme direkt an den Knochen ab und kann diese anders als Titan, nicht aufnehmen. Die Implantatinsertion erfolgt händisch mit beschriebenem Eindrehwerkzeug H10. Für die anschließende Sofortversorgung ist hierbei ein Eindrehmoment > 35 Ncm unerlässlich. Wie bereits beschrieben, ist Dank der Eindrehhilfe eine exakte Position des Implantates entsprechend der Planung in situ möglich (Abb. 8).

Sofortversorgung

Der Wundverschluss erfolgt über die präoperativ gefertigte CAD-CAM-Krone (Abb. 9). Der Verschluss der transokklusalen Verschraubung erfolgt dann mit Teflonband und Tetric Flow. Abschließend wird die Okklusion nach dem Prinzip des non okklusal loadings nochmals überprüft. Der Patient verlässt die Praxis ästhetisch vollständig rehabilitert (Abb.10).

Fazit

Das Neodent Zi-Implantat ist ebenso wie Titanimplantate für die Sofortbehandlung geeignet. Garant hierfür sind ein modernes konisches Implantatdesign sowie eine spezielle Implantatoberfläche. Die ZiLock Innenverbindung schafft die Grundlage für eine präoperative Fertigung einer transokklusal verschraubten CAD-CAM Implantatkrone. Unser Fall zeigt keinen signifikanten Unterschied zu Protokollen

Literatur:

  1. Gallucci GO, Hamilton A, Zhou W, Buser D, Chen S. Implant placement and loading protocols in partially edentulous patients: A systematic review. Clin Oral Implants Res. 2018 Oct;29 Suppl 16:106-134
  2. Weigel P, Strangio A. The Impact of immediately placed and restored single-tooth implants on hard and soft tissuesin the anterior maxilla. Eur J Oral Implantol 2016; 9 (Suppl 1):S89-S106.
  3. Francisco H, Marques D, Pinto C, Aiquel L, Carames J. Clin Oral Implants Res. 2021 Oct;32 Suppl 21, 28-55
  4. Wang L, Wang T, Lu Y, Fan Z. Comparing the clinical outcome of peri-implant hard and soft tissue treated with immediate individualized CAD/CAM healing abutments and conventional healing abutments for single-tooth implants in estetic areas over 12 months: a randomized clinical trial Int J ral Maxillofac Implants. 2021 Sep-Oct;36(5) 977-984
  5. Garvie RC, Hannink RH, Pascoe RT. 1975. Ceramic steel? Nature. 258(5537): 703–704
  6. Jung RE, Zembic A, Pjetursson BE, Zwahlen M, Thoma DS. 2012. Systematic review of the survival rate and the incidence of biological, technical, and aesthetic complications of single crowns on implants reported in longitudi- nal studies with a mean follow-up of 5 years. Clin Oral Implants Res. 23 Suppl 6:2–21.
  7. Andreiotelli M, Wenz HJ, Kohal RJ. Are ceramic implants aviable alternative to titanium implants? A systematicliterature review. Clin Oral Implants Res 2009;20 (Suppl 4):32-47
  8. Roehling S, Gahlert M. Keramische Zahnimplantate – wissenschaftliche Grundlage und klinische Anwendung. Zahnmedizin update 2015;5:425 -444
  9. Roehling S, Gahlert M, Ein- und zweiteilige Keramikimplantate aus Zirkonoxid – die Behandlungsalternative zu Titan Quintessenz 2017; 68:1423 – 1428