Somit gehört die dentale Implantologie mit Erfolgsraten von bis 98,8%1 zu einer der sichersten und erfolgreichsten medizinischen Versorgungen. Im biologischen Verständnis der Wundheilung von Implantaten und bei der Verfeinerung chirurgischer Verfahren wurden seit den 70iger Jahren Meilensteine gesetzt. Es erfolgte über die Jahre ein enormer technologischer Fortschritt in Bezug auf das Implantatdesign, die Implantatoberflächen und die Implantatmaterialien. Dies führt heute dazu, dass frühere Behandlungsrichtlinien zu relativieren sind. Während frühe Richtlinien eine ungestörte Einheilung von drei bis sechs Monaten vor der Belastung mit einer Prothese empfahlen1, wurden Protokolle entwickelt, um die Gesamtdauer der Behandlung für den Patienten zu verkürzen.
So sind heute drei Typen unterschiedlicher Behandlungsprotokolle etabliert (6th ITI Consensus Conference 2018) 2. Nach chronologischer Abfolge der Implantatinsertion zunächst die Sofortimplantation (Typ1), unmittelbar nach der Extraktion. Es folgt die Frühimplantation (Typ 2/3) in der Regel nach erfolgter Heilung der Weichgewebe und partieller Knochenheilung, vier bis sechs Wochen nach Extraktion. Nach Ausheilung von Weichgeweben und Knochengewebe ist die Spätimplantation definiert als Typ 4.
Die Sofortbehandlung ist als eine Sofortimplantation (Typ1) mit anschließender prothetischer Sofortversorgung (Barcelona Consensus 2002) definiert. Dieses Procedere verkürzt die Dauer einer implantologischen Behandlung definitiv. Dadurch wird die Biologie der Extraktionsalveole: Bildung eines Blutkoagulums, initiale Bildung von Granulationsgewebe, epithelialer Verschluss und Umbau des Bündelknochens zu Geflechtknochen und die Implantateinheilung zeitlich zusammengeführt. Es zeigt sich eine steigende Tendenz, Einzelzahnimplantate in der ästhetischen Zone sofort nach Zahnextraktion zu setzen, und mit einer Sofortversorgung zu versehen2+3. Dieses Verfahren wurde bisher sehr erfolgreich mit Titanimplantaten praktiziert (98,4%)4. Der praktische Alltag sowie große Marktanalysen5 zeigen zudem eine immer weiter steigende Nachfrage nach Versorgungen mit bioinerten Materialien. In der Implantologie betrifft dies die Nachfrage an Versorgungen mit Keramikimplantaten. Eine aktuelle Befragung mit mehr als 270 Patienten in 2 Ländern hat ergeben, dass 80% der Patienten Keramik gegenüber Metallimplantaten bevorzugen würden.6 Mit der Entwicklung der Hochleistungskeramik Zirkoniumdioxid gelang es Keramikimplantate herzustellen, welche biomechanisch stabil sind und den Kaukräften in der Mundhöhle standhalten können7+8. Zirkoniumdioxid ist ein bioinertes und nichtresorbierbares Metalloxid, welches gegenüber anderen keramischen Materialien durch seine hohe Bruch- und Biegefestigkeit ein überlegenes mechanisches Verhalten zeigt8+9. Moderne Keramikimplantate der neuesten Generation zeigen sich ebenbürtig in Bezug auf die Osseointegration10 und die klinische Überlebensrate im Vergleich zu konventionellen Titanimplantaten11-13.Experimentelle Studien haben gezeigt, dass diese Generation von Zirkonoxid-Implantaten mit mikrorauen Oberflächen eine identische Hartgewebsintegration im Vergleich zu Titanimplantaten aufweist14-15.
Patientenfall
Der 35jährige Patient stellt sich notfallmäßig nach einem Fahrradunfall in unserer Praxis vor. Es zeigt sich eine Kronenfraktur an Zahn 12. Über Schmerzen klagt der Patient nicht. Anamnestisch zeigt er sich unauffällig, bis auf gelegentlichen Zigarettengenuss, bestehen keine Risikofaktoren. Die Anforderungen des Patienten an seine Behandlung sind klar formuliert: Eine schnelle, wenig einschränkende, vorhersagbare und schmerzfreie Behandlung ohne ästhetische Einbußen. Zudem äußert der Patient den Wunsch nach einer metallfreien biologisch kompatiblen Versorgung.
Diagnostik und Prognose
Nach Anfertigung eines Zahnfilmes zeigt sich eine epi- bis suprakrestale horizontale Kronenfraktur. Die Wurzel stellt sich weitgehend intakt dar. Klinisch ist das Pulpenkavum geschlossen (Abb. 1).
Unter Berücksichtigung der allgemeinen und zahnärztlichen Anamnese wird der Patient über die Behandlungsalternativen aufgeklärt. Zunächst erfolgt eine konservative Behandlung zur provisorischen Wiederherstellung der Ästhetik mittels Schmelz-Ätz-Technik und Befestigung des Fragments mit VarioLink Veneer (Abb. 2). Auf Grund der ungünstigen Prognose so wie der eingeschränkten Ästhetik wird der Patient über eine alternative Sofortbehandlung aufgeklärt. Die Sofortbehandlung umfasst 3D- Diagnostik, 3D-Implantatplanung, präoperative CAD/CAM-Fertigung einer implantatgetragenen Krone, operative Zahnentfernung und Sofortimplantation inklusive Sofortversorgung. Durchgeführt werden soll diese Behandlung mit einem zweiteiligen Keramikimplantat.
Die langfristige Prognose der Behandlung wird von uns als sehr gut eingeschätzt, es besteht keine Beherdung der Wurzel, der Patient verfügt darüber hinaus über eine sehr gute Compliance.