Gefahren chronisch persistierender Entzündungen
„Das Tückische an den mit Periimplantitiden erkrankten Implantaten ist, dass selbst wenige Millimeter Restknochen am Implantat für dessen völlige Immobilität ausreichen. So schreitet die Erkrankung oft unbemerkt voran und triggert den gesamten Organismus über einen langen Zeitraum“, beschreibt Schlee die Gefahr, die von periimplantären Erkrankungen ausgehen können und ergänzt warnend: „Es sind Fälle bekannt, bei denen sich bei längerer Entzündung am Implantat ein Plattenepithelkarzinom entwickelt hat.“7,8
Schlee verdeutlicht, dass die Gesundheit des periimplantären Hart- und Weichgewebes unabdingbar zur erfolgreichen Implantologie zählt. Hat sich eine Periimplantitis erst entwickelt, „umfasst eine Therapie der Periimplantitis die vollständige Entfernung des dysfunktionalen Biofilms, die Regeneration des periimplantären Knochendefektes und außerdem die Aufrechterhaltung der Entzündungsfreiheit“, skizziert er.9
Vollständige Re-Osseointegration oberstes Ziel
„Die regenerative Periimplantitistherapie hat eine vollständige Re-Osseointegration bis zur Implantatschulter bei Bone-Level-Implantaten bzw. bis zur Grenzfläche zwischen der rauen und polierten Implantatoberfläche bei Tissue-Level-Implantaten zum Ziel.“ Implantatoberflächen, die nur von Weichgewebe bedeckt und nicht osseointegriert sind, „besiedeln sich erneut mit einem dysfunktionalen Biofilm. Das heißt, die Entfernung des Biofilms allein stellt keine nachhaltige Therapie für eine periimplantäre Entzündung dar“, klärt der Fachmann auf.10 „Daher ist eine vollständige Regeneration des ossären Defektes in Kombination mit einer Re-Osseointegration der zuvor kontaminierten Implantatoberfläche entscheidend.“
Leidenschaftlich berichtet der anerkannte Experte, der eine Professur an der Goethe-Universität innehält und regelmäßig an renommierten Instituten, u.a. an der Steinbeis-Hochschule (DGI) und der Dresden International University (DGP), referiert „von hohen Rezidivraten periimplanterer Erkrankungen von bis zu 100 Prozent“ und dass es „bislang keine Methode in der Periimplantitis-Therapie gab, die der anderen überlegen war.11 „Diese Erkenntnis und damit einhergehend auch mein Grad an Frustration haben mich in der Vergangenheit dazu verleitet, die von Periimplantitis befallenen Implantate zu entfernen.“
Kein nachhaltiger Erfolg mit ablativen Methoden
Schlee schildert, dass mit keinem der bisher praktizierten ablativen Verfahren zur Dekontamination der Implantatoberfläche eine vorhersagbare, komplette Biofilmentfernung gelingt. Ob es nun Lösungsansätze mit Küretten, Titanbürstchen, Laserbehandlungen oder Pulverstrahlverfahren, um einige Beispiele zu nennen, sind; allen sei eines gemeinsam: „Sie versuchen, den Biofilm von der Außenseite zu entfernen“, fasst Schlee zusammen. So werde die Keimmenge lediglich reduziert. „Wenn der Knochen zurückkommt, wächst er in der Regel nicht an. Besonders an den Gewindeunterseiten der Implantate sei der Zugang jedoch eingeschränkt. Es bilde sich eine Tasche zwischen Implantat und Knochen und es könne wieder zu einer Infektion kommen. „Die Verfahren scheitern alle an den eingeschränkten Zugangsmöglichkeiten zur Implantatoberfläche, moniert der Fachmann.
„Ist man verzweifelt genug, schleift man die Implantatoberfläche blank und poliert sie, verteilt man Titan- und Schleifmittelpartikel in die umliegenden Gewebe und schwächt das Implantat“, ergänzt Schlee. „Und wir wissen, dass sich ein bakterieller Biofilm auf dieser polierten Oberfläche auch bilden wird. Es dauert zwar ein bisschen länger, aber es wird trotzdem passieren.“ Er kommt zu dem Schluss, dass „die genannten Probleme dazu führen, dass eine nachhaltige Therapie der Periimplantitis mit ablativen Methoden nicht möglich ist. „Ohne Re-Osseointegration wird stets erneuter Biofilm entstehen, man wird langfristig scheitern“, bringt es der Parodontologe auf den Punkt und ergänzt pointiert: „Bakterien leben und verdoppeln sich alle 20 Minuten. Es braucht also nur 24 Stunden, damit aus einem Bakterium 100 Millionen Bakterien werden. Und selbst tote Bakterien sind aufgrund der Endotoxine ein Problem. Exponierte Implantat-Oberflächen werden also wieder besiedelt werden!“