#Ästhetik 24.05.2022

Behandlung von periimplantären Knochendefekten – kombinierter regenerativer und resektiver Therapieansatz

Klinischer Fallbericht von Dr. Jochen Tunkel

Der nachstehende klinische Fallbericht beschreibt einen kombinierten regenerativen und resektiven parodontalchirurgischen Therapieansatz für Implantate mit schweren periimplantären Knochendefekten infolge von Periimplantitis. Da das regenerative chirurgische Verfahren ohne vorherige Entfernung der Kronen durchgeführt werden musste, war eine vollständige Regeneration nicht zu erwarten, sodass zusätzlich eine Implantoplastik vorgenommen wurde. Dank dieses kombinierten Therapieansatzes konnten die Implantate nach der Heilungsphase erfolgreich erhalten werden, obgleich die vollständige Re-Osseointegration der exponierten Implantatoberflächen kein vorhersagbares Behandlungsergebnis war.

Ausgangslage

Eine 55-jährige Patientin mit schwerer Periimplantitis in Kombination mit einer generalisierten Parodontitis, Stadium III, (Abb. 1) wurde an unsere Praxis für Parodontologie überweisen. Die Periimplantitis hatte bei zwei von drei Implantaten im rechten Unterkiefer zu einem starken periimplantären Knochensubstanzverlust geführt (Abb. 2). Die Patientin war systemisch gesund, sie war jedoch Raucherin mit einem täglichen Konsum von 10 Zigaretten. Die Untersuchung der periimplantären Mukosa ergab Sondierungstiefen von bis zu 10 mm mit Blutung auf Sondierung und Suppuration.

Behandlungsplanung

Initial war die Durchführung einer systematischen Parodontitistherapie mit einem subgingivalen Full-Mouth-Debridement und begleitender Gabe von systemischen Antibiotika geplant. Im Anschluss an die erste unterstützende Parodontitistherapie erfolgte eine Reevaluation der Initialtherapie, und die Implantate wurden einem weiteren subgingivalen Debridement unterzogen, zusätzlich wurde ein Lokalantibiotikum verabreicht. Nach einer Heilungsphase von etwa 2 Wochen wurde die chirurgische Intervention als ein kombiniertes regenerativ-resektives Verfahren mit gesteuerter Knochenregeneration (GBR) und Implantoplastik geplant. Die Evaluation des Behandlungsergebnisses war 8 Monate postoperativ geplant.

Chirurgisches Verfahren

Im Anschluss an die parodontale Untersuchung wurde ein subgingivales Full-Mouth-Debridement gemäss den von Quirynen et al.1 und Cosyn et al.2 beschriebenen Prinzipien durchgeführt. Als systemische Antibiotikatherapie erhielt die Patientin Amoxicillin 500 mg dreimal täglich für sieben Tage und Metronidazol 400 mg dreimal täglich für sieben Tage. Bei der Reevaluation nach 8 Wochen wurde erneut ein vollständige parodontale Untersuchung durchgeführt, gefolgt von einem supragingivalen Debridement. Nach Betäubung der periimplantären Region im vierten Quadranten wurden die betroffenen Implantate bei diesem Behandlungstermin zudem erneut einem subgingivalen Debridement unterzogen. Zur gründlichen Reinigung der exponierten Implantatoberflächen wurde eine Labrida BioClean™ Chitosan-Bürste verwendet (Abb. 3a – c).

Im nächsten Schritt wurde ein nachhaltig wirksames Lokalantibiotikum (Ligosan® Slow Release, Haereus Kulzer, Deutschland) in die periimplantären Zahnfleischtaschen appliziert (Abb. 4, 5). Die periimplantären Weichgewebe konnten während der folgenden 14 Tage heilen, während das lokale Antibiotikum seine antibakterielle Wirkung in den periimplantären Taschen entfaltete. Die chirurgische Intervention wurde nach intravenöser Sedierung mit Midazolam in Kombination mit dem Schmerzmittel Novaminsulfon durchgeführt. Nach der Betäubung wurde eine sulkuläre Inzision gesetzt, und nach bukkal und lingual wurde unter Schonung der keratinisierten Mukosa ein Mukoperiostlappen abgehoben.

Nach vollständiger Entfernung des Granulationsgewebes wurden die exponierten koronalen Implantatoberflächen unter Verwendung von Hartmetallfräsern bis auf eine Tiefe von 1 mm unterhalb des Defektrands geglättet (Abb. 8). Die exponierten apikalen Implantatoberflächen wurden mit einer Titanbürste gründlich gereinigt (Abb. 9, 10).

Für die retromolare Entnahme von autologen Knochenspänen wurde ein Safescraper verwendet (Abb. 11).

Das demineralisierte bovine Biomaterial (Straumann® Xenograft®) wurde mit Schmelzmatrixproteinen (Straumann® Emdogain®) vermischt und mit den autologen Knochenspänen angereichert (Abb. 12 – 14).

Die intraossären Defekte wurden mit dem Gemisch aus Knochenregenerationsmaterial und autologen Knochenspänen bis zum Defektkamm aufgefüllt. Eine Überfüllung wurde sorgfältig vermieden. Die gesteuerte Knochenregeneration wurde mit der Platzierung einer Kollagenmembran (Jason® membrane, botiss, Vertrieb durch Straumann Biomaterialien) abgeschlossen; bukkal wurde die Membran mit resorbierbarem Nahtmaterial am Periost und lingual an den apikalen Teilen des Weichgewebelappens fixiert (Abb. 15). Beim Vernähen wurde sorgfältig auf einen spannungsfreien Wundverschluss geachtet (Abb. 16).

Postoperative Behandlung

Nach dem chirurgischen Verfahren erhielt die Patientin zur Schmerzkontrolle viermal täglich 400 mg Ibuprofen. Die Patientin wurde angewiesen, den Mund in den ersten 10 Wochen postoperativ täglich mit 0,2%iger Chlorhexidin-Lösung zu spülen. In den ersten vier Wochen postoperativ wurde wöchentlich eine professionelle supragingivale Plaquekontrolle durchgeführt. 8 Wochen nach dem Augmentationsverfahren wurde eine unterstützende Full-Mouth-Parodontitistherapie (UPT) durchgeführt, in den Bereichen mit GBR wurde auf eine subgingivale Instrumentierung verzichtet. Die UTP wurde nach 3 Monaten wiederholt und danach erneut nach 6 Monaten; zu diesem Zeitpunkt wurden zudem Röntgenaufnahmen erstellt und die Sondierungstiefen ermittelt, um das röntgenologische und klinische Ergebnis des Verfahrens zu beurteilen.

Behandlungsergebnisse

Die postoperative Heilung verlief komplikationsfrei, Entzündungszeichen konnten erfolgreich reduziert werden. Die zu Beginn der Parodontitistherapie bis zu 10 mm tiefen Zahnfleischtaschen konnten auf 5 mm reduziert werden, es trat keine Blutung auf Sondierung auf. Nach der initialen Parodontitistherapie wurde keine weitere Suppuration beobachtet. Die Röntgenaufnahmen belegten die nahezu vollständige Regeneration der intraossären Defekte (Abb. 18). Die Patientin befindet sich in der Erhaltungsphase mit regelmässigen dreimonatlichen UTP-Terminen, bislang wurde keine erneute Entzündungsaktivität festgestellt.


Literatur:

  1. Bollen CM, Lambrechts P, Quirynen M. Comparison of surface roughness of oral hard materials to the threshold surface roughness for bacterial plaque retention: a review of the literature. Dent Mater. 1997 Jul;13(4):258-69. doi: 10.1016/s0109-5641(97)80038-3. PMID: 11696906.
  2.  Cosyn J, Wyn I, De Rouck T, Moradi Sabzevar M. Clinical benefits of subgingival chlorhexidine varnish application as an adjunct to same-day full-mouth root planing: a pilot study. J Periodontol. 2006 Jun;77(6):1074-9. 
  3. Matarasso S, Iorio Siciliano V, Aglietta M, Andreuccetti G, Salvi GE. Clinical and radiographic outcomes of a combined resective and regenerative approach in the treatment of peri-implantitis: a prospective case series. Clin Oral Implants Res. 2014 Jul;25(7):761-7.