Straumann® PURE Ceramic Implantat – jetzt auch zweiteilig

Flexible Prothetik, naturidentische Ästhetik

Ein klinischer Fallbericht von Christoph Hesse, Deutschland

Längst haben sich Keramikimplantate aus Zirkoniumdioxid mit mikrorauer Oberfläche in der Praxis bewährt und in Studien bestätigt. Das ermöglicht Anwendern, auf die steigende Nachfrage nach metallfreien Versorgungen mit sicheren Behandlungsoptionen einzugehen. Zahnarzt und Oralchirurg Dr. med. dent. Christoph Hesse, Dachau, ist Anwender der ersten Stunde der PURE Ceramic Implantate von Straumann; im Folgenden erläutert er im Gespräch mit Dr. med. dent. Aneta Pecanov-Schröder die Vorteile der neuen zweiteiligen vollkeramischen Implantate aus Zirkoniumdioxid mit besonderer Oberfläche und veranschaulicht sie an einem Fallbeispiel.

Erstveröffentlichung in der ORALE IMPLANTOLOGIE 4/18, mit freundlicher Genehmigung der Zahnärztlicher Fach-Verlag GmbH, Herne.

Über Christoph Hesse

Christoph Hesse

Dr. med. dent, Christoph Hesse ist seit 1999 in eigener oralchirurgischer Überweisungspraxis in Dachau niedergelassen. Nach seinem Studium der Zahnmedizin an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg hat Dr. Hesse zunächst als Assistent im fränkischen Rieneck gearbeitet und absolvierte anschliessend die Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Oralchirurgie (1996–1999) in Singen am Hohentwiel (Baden-Württemberg) und Puchheim (Bayern). Im Jahr 2001 erfolgte die Promotion. Seit 2006 ist er Spezialist für Implantologie der EDA und hat den Tätigkeitsschwerpunkt Parodontologie, seit 2008 ist er Spezialist für Endodontie.

Neu ist diese zweiteilige Ausführung des reversibel verschraubbaren Straumann PURE-Ceramic Implantats mit einem enossalen Durchmesser von 4,1 mm für die tägliche Praxis; nicht neu sind jedoch Praxiserkenntnisse und Studienwissen zur vollkeramischen PURE-Implantatlinie, auf denen das zweiteilige System basiert.

Vom Monotype zum zweiteiligen System

Straumann führte 2014 anlässlich des ITI World Symposiums das PURE-Ceramic-Implantat offiziell in den Markt ein, zunächst als Monotype. Erkenntnisse und Wissen aus einem zu dem Zeitpunkt siebenjährigen Entwicklungsprozess für die Implantatlinie flossen ebenso ein wie 60 Jahre Erfahrung in der Konstruktion von Implantaten und in der Materialinnovation [1]. Mit dem zahnfarbenen Implantat begegnete man der steigenden Nachfrage nach vollständig metallfreien Versorgungen mit naturidentischer Zahn- und Schleimhautästhetik [7, 11, 15, 17] und ermöglichte eine vollkeramische implantatprothetische Versorgung, zum Beispiel bei Patienten mit einem dünnen gingivalen Biotyp oder einer hohen Lachlinie [2, 9, 10, 12, 18].

Die Weiterentwicklung zum zweiteiligen Keramikimplantat wurde erstmals auf der IDS 2017 vorgestellt. Damit machte Straumann die Ankündigung wahr [14], dem einteiligen Vollkeramikimplantat ein zweiteiliges reversibel verschraubbares folgen zu lassen, um für den Anwender mehr Spielraum bei der prothetischen Versorgung zu gewinnen. „Darüber hinaus bin ich flexibler, weil durch die Ceramic-Implantat-Innenverbindung auch nach Jahren die Möglichkeit besteht, die Prothetik auszuwechseln, ohne sie zu beschädigen“, so Dr. Hesse, der seit 2013 überzeugter Anwender ist und rund 300-PURE-Ceramic-Implantate inseriert hat. „Für Lücken mit reduziertem Platzangebot empfiehlt sich das einteilige Ceramic-Implantat, das auch durchmesserreduziert mit einem enossalen Durchmesser von 3,3 mm bereitgestellt wird.“

„Traumkombination“ Bone Level und Tissue Level mit bewährter Oberflächentopographie

Das zweiteilige Keramikimplantat mit ZLA-Oberfläche ist das Ergebnis eines nun fast zwölfjährigen Entwicklungsprozesses. Es besteht wie der Monotype aus 100 Prozent hochleistungsfähiger Zirkoniumdioxidkeramik (yttriumstabilisiertem, tetragonalen polykristallinen Zirkoniumdioxid, Y-TZP). Zirkoniumdioxidimplantate sind biologisch veträglich und haben eine geringere Neigung zur Ausbildung von ausgedehnten periimplantären Infektionen [16]. Studiengruppen berichten, dass es zu einer geringeren frühen Plaqueakkumulation auf Zirkoniumdioxid, verglichen mit Titanimplantaten, kommt [13].

Die ZLA-Oberfläche des Keramikimplantats ist durch eine Makro- und Mikrorauigkeit gekennzeichnet, die der Topografie der bewährten SLA-Oberfläche ähnelt (Sand-blasted, Large-grit, Acid-etched). Tierstudien haben eine Osseointegration gezeigt, die hinsichtlich periimplantärer Knochendichte und BIC-Wert (Bone-to-Implant Contact) der von Ti-SLA entspricht [2, 9]. Die SLA-Oberfläche zählt zu den am besten dokumentierten rauen Oberflächen in der Implantologie und reduziert mit ihren Osseointegrationseigenschaften die Einheilzeit von Implantaten [3, 5]. Studien zeigen eine deutlich verbesserte Anlagerung von Fibroblasten an die Keramikoberfläche und lassen somit auch eine gute Weichgewebsanlagerung erwarten [5, 16, 17, 19]. Vor dem Hintergrund, dass „der Biofilm auf Keramikimplantaten weniger schädlich zu sein scheint, könnten Keramikimplantate besonders bei Patienten mit einer therapierten Parodontitis von Vorteil sein und langfristig weniger verloren gehen“, so Dr. Hesse.

„Natürlich ist die Datenlage nicht mit der von Titanimplantaten vergleichbar. Allein von der Osseointegration und der Haltbarkeit über drei Jahre besteht kein Unterschied zwischen Titan und Keramik“ [4], ein Ergebnis, das sich in einer multizentrischen klinischen Studie nach einer Beobachtungszeit von zwölf Monaten mit einer Implantatüberlebens- und Erfolgsrate von 97,6 Prozent fortsetzt [9]. Die Form des zweiteiligen PURE-Keramikimplantats basiert auf Merkmalen sowohl der Soft Tissue Level Standard Plus als auch der Bone-Level-Implantate: „Für mich die Traumkombination“, sagt der erfahrene Implantologe. „Bei Titan verwende ich das Tissue Level, geniesse aber nun gleichzeitig die Stabilität der Bone-Level-Gewindeform. Besonders bestechend ist“, so Hesse, „dass man dabei die Keramikimplantate genauso wie die Titanimplantate mit dem gleichen Instrumentarium setzen kann.“

Festigkeit

Die derzeit auf dem Markt angebotenen keramischen Implantate bestehen aus Werkstoffen auf Zirkoniumdioxidbasis mit unterschiedlichen chemischen Modifikationen (Sinterung, Mischung mit anderen Metalloxiden und Hydroxylapatit u.a.) und Oberflächendesigns. Die Zusammensetzung kann die Stabilität der Keramikimplantate beeinflussen und das Risswachstum begünstigen, die häufigste Ursache für einen Bruch vollkeramischer Implantate. Nach Angaben des Herstellers zeigen Tests zur Prüfung auf statische Bruchfestigkeit nach ISO-Norm 14801, dass sie einen signifikant höheren Widerstand gegen das Risswachstum aufweisen als Keramikimplantate anderer Anbieter. Um das bei Keramiken mögliche Problem mit Materialbrüchen zu vermeiden, wird jedes Implantat vor Auslieferung geprüft [8].

Dabei werden nach Herstellerangaben Kräfte aufgebracht, welche die maximalen Kräfte des menschlichen Gebisses übersteigen, und nur Implantate, die diesen Test bestehen, werden an den Zahnarzt ausgeliefert. Die Zuverlässigkeit des Implantats wurde in einer multizentrischen Studie klinisch bestätigt, in der es nach 24-monatiger Nachbeobachtungszeit zu keinen Implantatbrüchen kam [9].

Fallstudie

Nach einer beim Hauszahnarzt therapierten generellen Parodontitis stellte sich ein 57-Jähriger an die Praxis Dr. Christoph Hesse überwiesener Patient dort vor. Die allgemeinmedizinische Anamnese war unauffällig. Der Patient war unzufrieden mit der kaufunktionellen und ästhetischen Situation im Oberkiefer, es fehlten die Zähne 25 bis 28. Der Zahn 27 wurde 2016 bereits entfernt, der Zahn 25 im Rahmen der parodontalen Therapie 2017. Der Patient wünschte ausdrücklich eine metallfreie Versorgung des freien Endes mit Keramikimplantaten; auf seinen Wunsch hin erfolgte ein Titanstimulationstest, dieser ergab eine leichte immunologische Hyperreaktivität auf Titanoxidpartikel.

Zur Beurteilung der Knochensituation wurde ein DVT angefertigt. Die Implantatinsertion konnte ohne knöcherne Augmentation erfolgen. Im März 2018 wurden zwei PURE-Ceramic-Implantate (zweiteilig) Durchmesser 4,1 in 10 mm Länge in regio 25 und 27 nicht navigiert inseriert. Dabei konnten die neuen Keramikimplantate mit der bekannten Chirurgiekassette unter Anwendung der ebenfalls bekannten chirurgischen Verfahren nach weitgehend identischem Protokoll gesetzt werden.

Die Einheilphase erfolgte gedeckt über drei Monate. Anschliessend wurden die Keramikimplantate freigelegt und im August 2018 mit einer Vollkeramikbrücke implantatprothetisch in der Praxis Dr. Christoph Hesse versorgt. Das Zirkongerüst wurde im CAD/CAM-Verfahren konstruiert und gefräst, die Verblendung erfolgte mit der leuzitkristallhaltigen Feldspatkeramik Creation Zi-CT (Willi Geller).

Fazit für die Praxis

Mit vollkeramischen Implantaten aus Zirkoniumdioxid mit spezieller Oberflächencharakteristik können Anwender dem Wunsch ihrer Patienten nach einer Alternative zu Titanimplantaten Rechnung tragen. Sowohl die einteiligen als auch die zweiteiligen PURE-Ceramic-Implantate haben sich in der Praxis bewährt und konnten in Studien überzeugen.

Ein klares Plus der Zirkoniumdioxidimplantate mit ZLA-Oberfläche sind die biologische Verträglichkeit und die positive Reaktion des periimplantären Gewebes („Das könnte bei Patienten mit einer therapierten Parodontitis von zusätzlichem Vorteil sein“, so Hesse). Darüber hinaus punkten Straumann-PURE-Ceramic-Implantate mit sehr guten mechanischen und ästhetischen Eigenschaften. Grundsätzlich sollte man sich als Anwender mit dem Werkstoff Keramik befassen und die vorgegebenen Protokolle befolgen, zum Beispiel um Mikrosprünge durch Schleifmassnahmen, die die Bruchfestigkeit reduzieren würden, zu vermeiden.

Instrumentensynergien beim Straumann-PURE-Ceramic-Implantat erleichtern den Um-respektive Einstieg in die Keramikimplantologie, eine komplette Neuausrichtung der Praxis entfällt“, berichtet Hesse aus seiner Erfahrung. Für die Zukunft wünscht er sich eine Weiterentwicklung der prothetischen Komponenten für die Implantatlinie, „damit auch eine Integration in das ‚Pro Arch‘-Konzept mit einer Sofortversorgung von vier Implantaten erfolgen kann.“

Schon jetzt äussert sich Hesse überzeugt, dass sich „mit zunehmender Diversifizierung der prothetischen Komponenten das Material Keramik von einem ‚Nischenprodukt‘ zu einem dem Titan mindestens gleichwertigen Produkt entwickeln beziehungsweise es sogar überflügeln wird, wenn die Langzeitergebnisse den positiven Trend bestätigen“.