Grundsätzlich ist jeder Zahnarzt berechtigt, kassenrechtlich kieferorthopädisch zu behandeln. Wenn also ein grundsätzliches Interesse an kieferorthopädischen Therapien besteht, steht der praktischen Umsetzung wenig im Wege, da lediglich minimale Investitionen vorab getätigt werden müssen. Die Wahl fiel in unserer Praxis auf das ClearCorrect®-Alignersystem, weil die Therapie sehr strukturiert aufgebaut ist, was die Integration in den Praxisalltag enorm erleichtert. Behandler erhalten ein breites Unterstützungsangebot in der praktischen Umsetzung durch Einführungs- und Anwenderkurse:Dafür werden inzwischen 1-Tages-Kurse im Online- wie auch im Präsenzformat angeboten, in denen praxisnah erklärt wird, wie die Patientenauswahl gelingt und was es beim Einstieg zu beachten gilt (Informationen: www.clear-correct.de/veranstaltungen). Hilfestellung bei konkreten Fallplanungen zum Beispiel in der Anfangsphase oder bei komplizierteren Fällen erhält man durch Experten vom Treatment Planning Service, die eine exakte 3D-Fallplanung erstellen. Außerdem kann ein Clinical Advisor der Straumann Group zur Besprechung von Behandlungsplänen zu Rate gezogen werden. Dabei ist wichtig: Sowohl die Falldiagnose als auch die Behandlungsentscheidungen unterliegen während der gesamten Therapie allein dem Behandler und die beauftragten Techniker richten sich nach diesen Vorgaben. Die Planungssoftware ClearPilot® ermöglicht es, den Vorschlag zu prüfen und zu genehmigen.
Patienten schätzen Behandlung „aus einer Hand“
Heute, zwei Jahre nach der Einführung des Zusatzangebotes mit Alignern, korrigieren wir vor allem moderate Zahnengstände in Klasse-I-Verzahnung und Deckbisse. Patienten mit rotierten Zähnen, gekippten Molaren oder zum Überstellen eines Kreuzbisses sowie kieferorthopädische Behandlungsfälle und kieferorthopädische Maßnahmen in der Wachstumsphase werden wie zuvor auch an die Fachpraxis für Kieferorthopädie überwiesen. Von der Erweiterung des Behandlungsangebots durch die Alignertherapie profitieren Behandler wie Patienten gleichermaßen: So kann die zahnmedizinische Versorgung ebenso wie kleine Zahnkorrekturen als präprothetische Maßnahme und die Therapie leichter bis moderater Fehlstellungen in der gewohnten Umgebung der Praxis durchgeführt werden. Das schätzen Patienten sehr, weil es komfortabel und zeitsparend ist und ihnen auch eine angenehme Sicherheit gibt. Auch für Behandler ist es hilfreich, wenn sie Patienten therapeutisch weiter im Blick behalten können. Ausgelagerte Behandlungsschritte, wie zum Beispiel die Ausformung der Unterkieferfront beim Kieferorthopäden, können mitunter zeitlich schwer zu kalkulieren sein, während man in der Praxis bereits die Veneers für den Oberkiefer plant.
Die Patientenaufklärung ist erfahrungsgemäß besonders wichtig, um eine gute Mitarbeit zu erreichen – die Aligner müssen schließlich 22 Stunden pro Tag getragen werden. Inkludiert sollten hier unter anderem ausführliche Erläuterungen zu so genannten Engagers sein, spezielle Attachments zur Unterstützung der Alignertherapie, und außerdem Hinweise zur Notwendigkeit von approximalen Schmelzreduktionen, um einen maximalen Behandlungserfolg zu erreichen. In den Fällen, in denen Zahnengstände aufzulösen sind, erfolgt ein Zahnsubstanzabtrag von bis zu 0,3 Millimetern an den im Behandlungsplan vorgegebenen Zähnen. Gerade in der Anfangsphase empfiehlt es sich, die Schieblehre innerhalb des Systems, mit der der Substanzabtrag nachkontrolliert werden kann, einzusetzen.
ClearCorrect® ist unauffällig und damit diskret zu tragen (Abb.1). Die Aligner bestehen aus dem neuen dreischichtigen Multi-Layer ClearQuartz® Material, das über eine hohe Retention verfügt und nicht verfärbt. Da die glatte, gerade verlaufende Trimline anders als bei anderen Alignern über den Gingivarand hinaus verläuft, erhöht sich der Tragekomfort beim Patienten. Dadurch entstehen auch höhere Abzugskräfte, wodurch sich in der Regel die Zahl der Attachments im Vergleich zu ähnlichen Therapien reduziert.4 Darüber hinaus gewöhnt sich die Zunge rasch an die Schiene, so dass das Sprechen schnell wie gewohnt klingt. Da die Aligner herausnehmbar sind, müssen sich Patienten in ihren Essgewohnheiten oder Zahnpflegemaßnahmen nicht umstellen. Die einzelnen Schienen werden in der Regel nach 14 Tagen gewechselt, dadurch werden Veränderungen schnell deutlich, was viele Patienten zusätzlich motiviert. Inzwischen ist es für technikaffine Patienten auch möglich, via Dental Monitoring-App eine zusätzliche Remote-Verlaufskontrolle aufzubauen. Anhand von aktuellen Fotos des Zahnstatus, die der Patient von sich selbst erstellt, erkennt das auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierte System, wann der nächste Alignerwechsel erfolgen kann.
Aligner in der Anwendung – der Patientenfall
Der folgende Behandlungsfall beschreibt die Korrektur des Bisses einer 22 Jahre alten Patientin, die mit diesem Wunsch in der Praxis vorstellig wurde. Im Nebenbefund zeigte sich eine muskuläre CMD-Problematik sowie eine in engmaschigen Abständen auftretende Migräne – bereits über Jahre hinweg. Abb. 2 bis 4 zeigen die Ausgangssituation des Bisses der Patientin aus unterschiedlichen Perspektiven. Nachdem das Behandlungsziel gemeinsam bestimmt wurde, erfolgte eine ausführliche Aufklärung des Behandlungsablaufs mit anschließender Abformung beider Kiefer zur Erstellung der digitalen Planungsmodelle. Dabei ist zu erwähnen, dass das Aligner-System beide Wege anbietet: Es kann sowohl mit dem konventionellen Weg über Oberkiefer- und Unterkieferabformungen genutzt werden als auch mit Intraoralscannern. Im vorliegenden Fall wurden die im Eigenlabor digitalisierten Daten ins webbasierte Doktorportal hochgeladen.